Pressemitteilung

Telemedizin für deutsche Forschungsstation in der Antarktis

[19. August 2005] 

Virtuelle OP-Teams verbessern Notfallversorgung auf Neumayer-Station

Während der Chirurg in der Antarktis operiert, überwacht der Anästhesist den Zustand des Patienten vom Klinikum Bremerhaven aus. Mit 128 Kilobit pro Sekunde überträgt eine Satellitenstandleitung zwischen dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und der deutschen Forschungsstation Neumayer in der Antarktis medizinische Daten. Obwohl die beteiligten Ärzte tausende von Kilometern getrennt sind, tauschen die virtuellen OP-Teams mit nur zwei bis drei Sekunden Verzögerung Bilder, Messwerte und Ratschläge aus.

Die bereits in der Raumfahrt eingesetzte Telemedizin ergänzt und verbessert die Notfallversorgung in der Neumayer-Station. Bis zu zehn Monate sind die neun Überwinterer im antarktischen Winter nur über Satellit mit der Außenwelt verbunden. Ein Chirurg ist zwar stets Mitglied der Überwinterungsmannschaft, allerdings konnten ihm bisher nur „Laienhelfer“ aus dem Überwinterungsteam bei Operationen assistieren. Das neue System wird seit 2004 getestet. „Die Erprobung in der Sommersaison verlief für alle Beteiligten erfolgreich“, berichtet Eberhard Kohlberg, Arzt und ehemaliger Überwinterer auf der Neumayer-Station. „Wir haben stundenlang übertragen, ohne dass Aussetzer auftraten. Die Qualität der empfangenen Bilder wäre innerhalb des Krankenhauses nicht besser.“

Für die Telemedizin wurde die schon seit 2001 bestehende Zusammenarbeit zwischen dem Alfred-Wegener-Institut und dem Klinikum Bremerhaven vertieft. Privatdozent Dr. Mario Kasper, Chefarzt der Anästhesieabteilung im Klinikum, erklärt: „Mit dem Corlink-System werden Daten wie Sauerstoffsättigung des Blutes und Kohlendioxidgehalt bei der Ausatmung, Temperatur, Pulsfrequenz, EKG und Blutdruck in Echtzeit übertragen. Anhand dieser Daten kann ich von Bremerhaven aus die Narkose überwachen. Sollten die Messwerte Veränderungen der Atmung oder des Kreislaufs anzeigen, kann ich den Kollegen in der Neumayer-Station per Telefon darauf aufmerksam machen oder ihm eine Nachricht direkt auf den Bildschirm senden.“

Ab kommendem Jahr soll das System fest installiert werden.


Bremerhaven, den 19. August 2005

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Das Institut

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in den Polarregionen und Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Als eines von 18 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft koordiniert es Deutschlands Polarforschung und stellt Schiffe wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen für die internationale Wissenschaft zur Verfügung.