Polarregionen sind eine der empfindlichsten und verletzlichsten Regionen der Erde. Insbesondere sind die langfristigen Wechselwirkungen zwischen Klima, Ökosystemen und Menschen in polaren kontinentalen Gebieten noch wenig verstanden. Die Forschungsgruppe "Polar Terrestrial Environmental Systems" untersucht daher die Klimadynamik, den Vegetationswechsel hoher Breiten, die arktische Seedynamik und die Biodiversitätsänderung in hohen Breiten. Da der Zeitraum, der durch direkte Beobachtungen abgedeckt wird, kurz ist, erfordert die Analyse langfristiger Veränderungen die Verwendung indirekter Proxy-Daten, die aus Umweltarchiven, wie Seesedimenten, extrahiert wurden. Daher sind Proxy-Entwicklung und Proxy-Datensynthese auch ein zentrales Forschungsinteresse der Gruppe. So kann ein besseres Verständnis der polaren kontinentalen Gebiete und ihrer Wechselwirkungen mit dem globalen Erdsystem gewonnen werden.
Leitung
Prof. Dr. Ulrike Herzschuh
Assistenz
Jana Krug
Email: jana.krug@awi.de; Tel.: +49(331)58174-5600
Wiss. Koordination
Dr. Liv Heinecke
Email: liv.heinecke@awi.de; Tel.: +49(331)58174-5603
Webseite
Dr. Boris K. Biskaborn
Die Ökosysteme der borealen Wälder sind für die Menschheit von entscheidender Bedeutung und unterscheiden deutlich zwischen immergrünen und sommergrünen Nadelwäldern. GlacialLegacy beschäftigt sich mit den aktuellen Fragen "Warum wird Nordasien von sommergrünen borealen Wäldern dominiert" und "Wie werden sich diese Lärchenwälder in Zukunft verändern", mit einem kohärenten empirischen und modellierenden Ansatz, der Pollen-Datensynthese, sedimentäre alte DNA-Analysen, Vegetations- und biophysikalische Untersuchungen und Vegetationsmodellierung integriert.
Unsere Hypothese ist, dass sommergrüne und immergrüne Nadelbaumwälder alternative quasistabile Zustände darstellen, die heute unter ähnlichen Klimaten auftreten, die aber aufgrund der unterschiedlichen (genetischen) Eigenschaften der nördlichen Refugien entstanden sind - ein Vermächtnis des vorangegangenen Eiszeitalters. Einmal etablierte asiatische Lärchenwälder stabilisierten sich aufgrund ihres einzigartigen Vegetations-Feuer-Permafrost-Klimasystems, welches die Invasion von immergrünen Taxa hemmt. Die langfristige Vegetationstrajektorie verursacht jedoch den irreversiblen Übergang von Sommergrün in immergrüne Nadelbaumwälder. Dies liegt vor allem daran, dass Lärchen im Vergleich zu immergrünen Fichten und Kiefern eine schwache Konkurrenz darstellen, wenn sie in Mischbeständen wächst. Der asiatische Lärchenwald konnte erst nach einer neuen waldfreien Eiszeit wieder entstehen. Da beide borealen Waldtypen nur über einen bestimmten Klimarahmen hinweg stabil sind, könnte ein zukünftiges wärmeres und trockeneres Klima ihren Übergang in Steppen verursachen, was für asiatische Lärchenwälder irreversibel ist.
Förderung: European Research Council Consolidator Grant 2018-2023
Kooperation:
Weiterführende Informationen:
Herzschuh, U., Birks, H.J.B., Laepple, T., Andreev, A., Melles, M., & Brigham-Grette, J. (2016). Glacial legacies on interglacial vegetation at the Pliocene-Pleistocene transition in NE Asia. Nature Communications. 7, 1–11. doi:10.1038/ncomms11967, https://www.nature.com/articles/ncomms11967.pdf
Dieses Projekt bringt Akteure aus Wirtschaft, Forschung und Bildung zusammen, um die Zukunft wissenschaftlichen Ziele der Schwerpunktgruppe Arctic Lake System Dynamics im Hinblick auf ihre Relevanz für die deutsche und internationale Gesellschaft nachhaltig zu gestalten. Das übergeordnete Ziel von PAST PERMAFROST ist die Entwicklung eines Web-Tools, das es dem Anwender ermöglicht, AWI-Umweltdatensätze in Raum und Zeit in Permafrostgebieten zu visualisieren (inkl. interaktiver Karten der vergangenen und gegenwärtigen Vegetation). Die Standorte können genutzt werden, um die tausende Jahre zurückreichende Klimageschichte des Gebietes mit dem aktuellen thermischen Zustand des Permafrostes zu vergleichen. Unser übergeordnetes Ziel ist, unsere Paläoklima-Ergebnisse mit den direkten Folgen der jüngsten Umweltveränderungen im Permafrost zu verbinden.
Schwerpunkt: Dynamik Arktischer Seesysteme
Kontakt: Boris Biskaborn, Stuart Vyse
Förderung: ESKP - Earth System Knowledge Plattform
Kooperation:
Das nördliche Vorland des tibetischen Plateaus mit seinen abflußlosen Becken spielt eine Schlüsselrolle in der geologischen und paläoökologischen Entwicklung Zentralasiens. Die Ablagerungsumgebung ist durch äolische, fluviale und lakustrine Bedingungen gekennzeichnet. Die Sedimentzufuhr wird auch durch die Gletscherdynamik und die periglazialen Prozesse im gebirgigen Hinterland des Qilian Shan gesteuert. Die Berge stellen wichtige Quellen für die Wasserversorgung des Landwirtschaftsgürtels des angrenzenden Hexi-Korridors und der abflußlosen Becken dar. Die Beckensedimente stellen Lagerstätten für den Staubtransport über Zentralasien und Nordchina dar und sind direkt mit dem chinesischen Lössplateau verbunden.
Schwerpunkt: Dynamik Arktischer Seesysteme
Kontakt: Georg Schwamborn
Förderung: BMBF - Federal Ministry of Education and Research (2011-2014, 2016-2019)
Kooperation:
Weiterführende Informationen: http://www.senckenberg.de/root/index.php?page_id=18478
Die saisonale Ausdehnung und die Eigenschaften des arktischen Eises an Land und im Ozean bestimmen die Wirksamkeit des Albedo-Feedback-Mechanismus, der eine Verstärkung des arktischen Klimas bewirkt. Verschiedene Eisarten werden von spezifischen Eisalgen bewohnt, die über taxonomische Grenzen hinweg ähnliche Mechanismen haben, um in diesen extremen Umgebungen zu überleben. Dieses Projekt untersucht das Potenzial der sedimentären DNA als Proxy für Veränderungen der Eisbedeckung auf tausendjährigen Zeitskalen, indem es die funktionelle Zusammensetzung der Gemeinschaft in Eis-, Wassersäulen- und Oberflächensedimentproben sowie in marinen und Seesedimentkernen aus der Framstraße, Nordwestpazifik, Sibirien (Samoylov, Zentraljakutien) analysiert, die die letzten 6000 Jahre umfassen.
Schwerpunkt: Biodiversität der hohen Breiten
Kontakt: Kathleen Stoof-Leichsenring, Heike Zimmermann
Kooperation:
Das interdisziplinäre deutsch-russische Projekt 'KoPf-Kohlenstoff im Permafrost Kohlenstoffumsatz und Treibhaugasfreisetzung aus tauendem Permafrost Nordostsibiriens unter sich ändernden Umwelt- und Klimabedingungenproject' wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die kontinentalen polaren Ökosysteme sind Lebensräume für Menschen, Tiere, Pflanzen und bieten unverzichtbare Ökosystemleistungen. KoPf wird das Vorkommen, die Entstehung, den Umsatz und die Freisetzung von organischem Kohlenstoff in ostsibirischen Permafrostlandschaften untersuchen, um ein besseres Verständnis dafür zu erhalten, wie betroffene Permafrostlandschaften auf die globale Erwärmung reagieren und wie diese Reaktion die lokale, regionale und globale Kohlenstoffbilanz beeinflussen wird. Steigende arktische Temperaturen führen zu Tauen des oberflächennahen Permafrosts, Veränderungen der Landschaft und der Vegetation und zu vermehrt auftretenden Feuern in Taiga und Tundra.
Wissenschaftler aus Russland und Deutschland arbeiten an verschiedenen Schlüsselstandorten in der sibirischen Arktis zusammen, die durch unterschiedliche Störungsregime der Permafrostlandschaften gekennzeichnet sind. Wichtige Standorte sind die russischen Langzeit-Forschungsstandorte Lena-Delta und Chukotka mit großen Datensammlungen zu Kohlenstoff in Böden und im Permafrost und einer detaillierten Charakterisierung der Vegetation. Vegetationdaten werden ebenfalls für die Taymyr, Omoloy, und Kolyma-Region analysiert. Diese In-situ Datensätze aus den Russisch-Deutschen Expeditionen werden für die Aufskalierung von Vegetation, Biomasse und ober- und unterirdischem Kohlenstoff auf die Fläche verwendet.
Schwerpunkt: Vegetationsänderungen der hohen Breiten
Kontakt: Ulrike Herzschuh, Birgit Heim
Förderung: BMBF - Federal Ministry of Education and Research (2017-2020)
Kooperation:
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte deutsch-russische Projekt "Paleolimnological Transect" (PLOT) widmet sich der Erforschung der spätquartären Klima- und Umweltgeschichte entlang eines mehr als 6000 km langen Transektes durch Nordeurasien. Der Schwerpunkt liegt auf potentiell alten Seen wie dem Ladogasee, Bolshoye Shuchye, Levinson-Lessing, Taymyr und Emanda. Im Rahmen des Projektes ist das AWI Potsdam (PI H. Meyer) für die stabile Isotopengeochemie im Projekt für Klima- und Umweltforschung zuständig. Die Seen werden auf stabile Sauerstoffisotope in Kieselalgen aus lakustrinen Sedimenten und auf stabile Wasserisotope zur Rekonstruktion vergangener Klima-, Umwelt- und Hydrologieveränderungen untersucht. Für eine quantitative Rekonstruktion werden die gemessenen Umweltschwankungen mit Klimamodellausgaben über explizierte Isotopendiagnostik kombiniert (AWI Bremerhaven, M. Werner).
Schwerpunkt: Klimawandel in der Vergangenheit
Kontakt: Hanno Meyer, Svetlana Kostrova
Förderung: BMBF - Federal Ministry of Education and Research (2015-2019)
Kooperation:
Weiterführende Informationen: http://www.geologie.uni-koeln.de/2045.html
- Glaciological and isotope-geochemical studies on the Antarctic Peninsula and the West Antarctic Ice Sheet
Ziel dieses Projektes ist es, die jüngste und vergangene Klimavariabilität zweier Hochakkumulationsregionen in der Westantarktis - der nördlichen Antarktischen Halbinsel und der Union Glacier Region in den Ellsworth Mountains auf dem Westantarktischen Eisschild - zu untersuchen und mögliche Einflussfaktoren für beobachtete Veränderungen zu ermitteln. Dazu werden neu gesammelte Eis/Schnee-Kerne aus beiden Regionen als natürliche Klimaarchive genutzt und in hoher (jahreszeitlicher) Auflösung auf Dichte, stabile Wasserisotope und verschiedene chemische Parameter analysiert. Neue Daten über Akkumulationsraten und meteorologische Parameter (z.B. Lufttemperatur) sowie Informationen über Herkunft und Transportwege von Niederschlagsluftmassen werden gewonnen.
Schwerpunkt: Past Climate Change
Kontakt: Kirstin Hoffmann, Hanno Meyer
Förderung: Elsa-Neumann Scholarship of the state of Berlin for Kirstin Hoffmann (2016-2019)
Kooperation:
Projekt A: "Arctic Environmental Data Analytics"– Gregor Pfalz
Projekt B: "Data fusion using remote sensing data and machine/deep learning techniques to better understand present, past and future vegetation dynamics in Central Yakutia" – Femke van Geffen
Die "Helmholtz Einstein International Research School on Data Science" ist ein auf sechs Jahre angelegtes Kooperationsprojekt mit dem Einstein Center Digital Future (ECDF), den Berliner Universitäten und den in der Hauptstadtregion ansässigen sechs Helmholtz-Zentren.
Die Promotionsthemen kommen aus den Forschungsschwerpunkten Imaging, Machine Learning, Modellierung, neue Hardware-Konzepte, Visualisierung und Sequenzierung. Die interdisziplinären Themen werden von Betreuer-Teams, bestehend aus zwei Professoreninnen bzw. Professoren, einer Person aus der Helmholtz-Gemeinschaft und einer aus dem ECDF, formuliert und betreut.
HEIBRiDS kann somit eine einzigartige Umgebung nutzen, die die Erforschung der Kernmethoden, Algorithmen und Prozesse der Digitalisierung aus unterschiedlichen Blickwinkeln ermöglicht und Wissen zwischen unterschiedlichen Disziplinen transportiert.
Projekt A versucht durch die Entwicklung eines Datenanalyse-Systems die frühere und heutige Beziehung zwischen dem Klimawandel in der Arktis und der Ökosystemdynamik in nördlichen Seesystemen zu rekonstruieren. Hierfür stützt sich das Projekt auf paläoklimatologische Daten aus der russischen Arktis von vergangenen Expeditionen des Alfred-Wegener-Instituts sowie von russischen Partnern.
Das Ziel von Projekt B ist die Entwicklung von neuen Machine/Deep Learning Methoden zur Analyse von Vegetationsdaten, die es ermöglichen einen Einblick in die Dynamik von Vegetationsarten über die Zeit zu gewinnen.
Schwerpunkt: Dynamik Arktischer Seesysteme (Projekt A)
Vegetationsänderung der hohen Breiten (Projekt B)
Kontakt: Boris Biskaborn, Ulrike Herzschuh, Bernhard Diekmann, Gregor Pfalz, Femke van Geffen
Förderung: HEIBRiDS Graduate School (2018 – 2022)
Kooperation: