Beobachtungen in Feldkampagnen und Flugkampagnen können immer nur einen kleinen Bereich der Gletscher und Eisschilde abdecken und sind zudem zeitlich beschränkt. Satellitenfernerkundung ermöglicht uns einige der für die Glaziologie relevanten Größen großflächig zu messen.

Zudem bietet nur die Satellitenfernerkundung die Möglichkeit langfristige, wiederholende und gleichzeitig flächendeckende Zeitreihen aufzubauen um Änderungen im Klimasystem zu beobachten. Mittlerweile existiert eine Vielzahl an Fernerkundungssensoren, die unsere Erde vermessen. Einige davon finden in der Glaziologie am AWI Verwendung, um z.B. das Fließen von Gletschern zu messen oder den Massenverlust der Eisschilde in Grönland und der Antarktis zu bestimmen. Hierfür werden sowohl bildgebende Verfahren verwendet, die Sensoren im Radarwellenbereich (X-, C-, L-Band) oder optischen Spektrum nutzen und die Erde in Streifen abtasten, als auch sogenannte Altimeter, die entlang von Satellitenflugbahnen den Abstand zwischen Eisoberfläche und Sensor messen. Die Satellitenmissionen die in der Glaziologie des AWI hauptsächlich verwendet werden sind TerraSAR-X, TanDEM-X, Sentinel1A/B, Envisat, ERS, ICESat und CryoSat-2.

Ziele der Satellitenfernerkundung von Eis sind die Bestimmung des Massenverlusts und der Dynamik der großen Eisschilde in Antarktis und Grönland. Dazu werden Höhenänderungen gemessen und so der Beitrag zum Meeresspiegel ermittelt. Darüber hinaus werden Geschwindigkeitsfelder der Gletscher aus Satellitendaten berechnet und so ihre Dynamik und ihre Änderungen beobachtet. Auch Oberflächeneigenschaften, wie z.B. ob die Oberfläche gefroren ist oder Schmelzseen existieren, können so abgeschätzt werden.

In unserer Forschung nutzen wir derzeit Daten des europäischen Satelliten CryoSat-2 um Höhenänderungen der Eisschilde bestmöglich zu bestimmen. Die CryoSat-2 Zeitreihe reicht derzeit bis 2010 zurück. Sie wird in den kommenden Jahren durch Daten älterer Missionen wie Envisat, ICESat und ERS sowie durch derzeit aktive Missionen wie Saral-Altika und zukünftige Missionen wie Sentinel 3 und ICESat2 ergänzt werden um eine möglichst lange Zeitreihe aufzubauen. Wir erhoffen uns dadurch Änderungen und deren Ursachen besser zu erkennen sowie die Unterscheidung zwischen kurz- und mittelfristigen Änderungen zu bestimmen. Da solche Altimetermissionen den Beitrag der Eisschilde zum Meeresspiegel aufzeigen können, sind kontinuierliche Zeitreihen besonders wichtig und müssen auch in Zukunft gewährleistet sein.

Weiterhin stehen im Fokus unserer Forschung  Änderungen im Geschwindigkeitsfeld von Auslassgletschern in Grönland und der Antarktis. Einige haben sich bereits stark beschleunigt und transportieren dadurch mehr Masse in den Ozean. Derzeit werden  Daten der TerraSAR-X, TanDEM-X und Sentinel1A Missionen verwendet um die benötigten Fließfelder zu erstellen. Während TerraSAR-X eine sehr hohe räumliche Auflösung ermöglicht die zu qualitativ hochwertigen Fließfeldern führt, ist die temporäre Abdeckung beschränkt. Genau hier kann aber die Sentinel 1 Mission aushelfen, die mit einem Wiederholungszyklus von 12 Tagen für Sentinel 1A, bzw. 6 Tagen im Tandem mit Sentinel 1B eine hohe und kontinuierliche zeitliche Auflösung ermöglicht. Einschränkungen ergeben sich für die Polarforschung allerdings dadurch dass große Teile der hohen  Breiten und damit große Flächen der Antarktis, nicht erfasst werden. Eine neuartige Mission, die sich derzeit in der Begutachtung befindet könnte hier eine neue Ära anbrechen lassen: Tandem-L. Mit der großen Eindringtiefe im L-Band werden die Geschwindigkeitsfelder auch in schwierigen Regionen  verbessert und es werden erstmals zwei Abdeckungen der Eisschilde pro Woche erreicht. Darüber hinaus erhoffen wir uns vom Eindringen des Radar Signals in bis zu ~100 m Tiefe und der Möglichkeit Tomographie anwenden zu können  die interne Struktur der obersten Schichten der Gletscher untersuchen zu können. 

In Kombination mit Flugzeugfernerkundung, Modellierung und bodengestützten Messungen versuchen wir  komplizierte Zusammenhänge besser zu verstehen. Dazu gehört u.a. Änderungen der Position der Aufsetzlinie zu messen  und zu modellieren, da beschleunigende Gletschersysteme häufig mit einem Rückzug der Aufsetzlinie einhergehen. Hier ist zusätzlich die Kenntnis der Beschaffenheit des Gletscherbettes von essentieller Wichtigkeit. Letzteres vermessen wir mittels eines Eisdickenradarsystems an Bord unserer Forschungsflugzeuge Polar 5 und 6. Mit einer Kombination von Satellitenfernerkundung, Feldbeobachtungen, Flugkampagnen und Modellierung können wir glaziologische Fragestellungen von allen Seiten untersuchen und neue Erkenntnisse über eine Vielzahl an Prozessen gewinnen. 

Gruppenleiterin

Prof. Dr. Angelika Humbert

Mitglieder

Alireza Dehghanpour

Dr. Veit Helm

Dr. Ingo Sasgen

Ole Zeising