Etablierung von Leichtbaukonzepten für Getriebe von Windenergieanlagen

 

Hintergrund und Motivation
Im Zuge der Klimaschutzinitiative etabliert sich in der Industrie der Trend der Ressourcenschonung und Energieeinsparung bei gleichzeitiger Beibehaltung oder Verbesserung der Funktionalität durch Leichtbau. Auch für die Getriebetechnik wächst die Bedeutung des Leichtbaus. Rund 90 % der Antriebsstränge der 29.465 installierten Onshore-Windenergieanlagen (WEA) mit einer durchschnittlichen Nennleistung von 4 MW basieren auf Großgetrieben mit einem Durchmesser von > 1 m. Weitere Anlagen mit ≥ 5 MW sind in Planung, um darüber hinaus die Ziele der Klimaschutzinitiative bis 2030 zu erreichen. Mit einer Steigerung der Leistung von Windenergieanlagen nehmen gleichzeitig die Dimensionen und die Masse der erforderlichen Getriebe zu. Sei es durch einen Anstieg im Durchmesser der einzelnen Verzahnungen oder durch die Zuschaltung weiterer Planetenstufen. Eine Steigerung der Getriebedimension resultiert darüber hinaus in einer erhöhten Gondelmasse sowie einer Vergrößerung der Lager- und Turmkonstruktion der Windenergieanlage. Mit dieser Erhöhung des Material- und Produktionsaufwands ist eine Zunahme des CO2-Verbrauchs für Produktion und Betrieb der Anlagen verbunden. Zur Ressourcenschonung und den damit einhergehenden Energieeinsparungen muss der Materialverbrauch bei der Auslegung und Fertigung der Getriebe durch Leichtbau minimiert werden.


Ziele und Vorgehen
Das übergeordnete Ziel dieses Vorhabens ist die Entwicklung eines Konzepts für ganzheitliche Leichtbauzahnräder mit integrierter Lastüberwachung und die Realisierung eines Demonstrators und Prüfstandes zur Validierung. In Kombination mit geeigneten Fertigungsverfahren soll durch den interdisziplinären Lösungsansatz eine Massenreduktion von bis zu 65 % bei gleichzeitiger Lebensdauersteigerung der Getriebe erreicht werden. Zur Konkretisierung wurden folgende Teilziele abgeleitet:

  1. Entwurf und Verifizierung von Designrichtlinien für Leichtbauzahnräder mit flexiblen Strukturen nach bionischem Vorbild bis in den Zahnkranz hinein: Während sich Leichtbaukonzepte für Zahnräder bisher auf den Grundkörper beschränken, sieht der ganzheitliche Ansatz Leichtbaustrukturen bis in die einzelnen Zähne hinein vor. Dies führt zu einer direkten Gewichtseinsparung. Eine konsequente Ressourceneinsparung wird darüber hinaus durch eine additive Fertigung der Zahnräder erreicht. Damit bietet das geplante Leichtbaukonzept zusätzlich neue konstruktive Freiheitsgrade, um flexible Strukturen, wie z. B. Festkörpergelenke, um gezielte Nachgiebigkeiten trotz gehärteter Oberflächen zu realisieren und Lastspitzen zu kompensieren. Diese Aufgabe wird vom AWI übernommen.
  2. Integration eines Inside-Sensoring-Systems mit Telemetrie zur Validierung der Designrichtlinien am entwickelten Demonstrator und zur Implementierung eines Condition-Monitoring-Systems zur proaktiven Lastspitzenkompensation: Die neuen konstruktiven und fertigungstechnischen Freiheitsgrade erlauben die Integration von Sensorik im Inneren des Zahnrades. Kurzzeitige Lastspitzen und individuelle Zahnradzustände (z. B. Verformungen an kritischen Stellen des Bauteils) können somit direkt erfasst und müssen nicht aus indirekten Merkmalen, wie z. B. Körperschall, Drehmomenten oder Temperaturen, interpretiert werden. Durch eine schnelle Datenerfassung und –Verarbeitung können Lastspitzen abtriebsseitig durch Ansteuerung der Netzeinspeiseumrichter innerhalb weniger Millisekunden kompensiert werden. Dies bietet weiteres CO2-Sparpotential, weil die Getriebe nicht mehr für die Lastspitzen überdimensioniert ausgelegt werden müssen.

Projektdurchführung:
Nils Niebuhr

Kontakt:
+49 471 4831 2818
E-Mail

Laufzeit:
Januar 2021 bis Januar 2024
(3 Jahre)

Förderung:
BMWi