Nachvollziehen der mechanischen Funktionen von Phytoplanktonschalen und der Nutzung ihrer strukturellen Strategien in technischen Anwendungen


Hintergrund und Motivation
Kieselalgen, eine Klasse des Phytoplanktons, sind marine Mikroorganismen, die sich durch verkieselte, harte Schalen und Skelette mit hochkomplexen Aufbau auszeichnen. Diese Morphologien wurden durch den selektiven Druck geformt, dem die Organismen während ihrer Evolutionsgeschichte ausgesetzt waren.
Die Herstellung einer Beziehungen zwischen den entsprechenden biologischen Strukturen und deren mechanischen Funktionen wird nicht nur das Wissen über diese Organismen und den evolutionären Druck, der sie geformt hat, erweitern, sondern würde es Ingenieuren ermöglichen, die entdeckten biologischen Prinzipien zur Lösung analoger, technischer, menschlicher Herausforderungen einzusetzen.


Ziele
Durch computergestütztes Design und Simulationen zielte diese Arbeit darauf ab, die Verbindungen zwischen den natürlich vorkommenden, komplizierten Planktongeometrien und ihren mechanischen Funktionen aufzudecken. Im Wesentlichen trugen die Ergebnisse eines zweistufigen Ansatzes dazu bei, das allgemeine Verständnis von Phytoplanktonorganismen zu verbessern und gleichzeitig dabei zu helfen, bioinspirierte funktionale Designstrategien zu entwickeln, die effizient auf moderne technische Anwendungen und Designtechnologien übertragen werden konnten.

Ergebnisse
In dieser Arbeit wurden zwei neuartige Methoden zur Strukturoptimierung entwickelt, die sich an den Schalenmorphologien verschiedener Diatomeenarten orientieren. Während gängige Konstruktionssoftware häufig auf einer gleichmäßigen Materialverteilung oder einfachen zellulären Strukturen basiert, ermöglichen die vorgestellten Ansätze eine gezielte Optimierung sowohl der Bauteilgrenzen als auch der inneren Materialanordnung. Dazu gehören unter anderem die Anpassung von Zelldichteverteilungen in zellbasierten Architekturen sowie die Variation von Wandstärken und Verstärkungsmustern in großflächigen Komponenten. Diese Strategien führten zu deutlichen Verbesserungen der Leichtbaumechanik bei der Anwendung auf technische Bauteile.

Darüber hinaus wurde die Leistungsfähigkeit natürlicherweise vorkommender TPMS-Gitterstrukturen (Triply Periodic Minimal Surface) hinsichtlich ihrer Steifigkeitsoptimierung mittels Homogenisierung untersucht. Der Vergleich mit alternativen Strukturtypen zeigte eine überlegene mechanische Performance und eine hohe Anwendungsrelevanz für technische Bauteile, was letztlich zu einer verbesserten Leistung in praxisnahen Entwurfsprozessen führt.
 

Veröffentlichungen
Breish, F., Hamm, C., Kienzler R. (2023) Diatom-inspired stiffness optimization for plates and cellular solids. Bioinspir Biomim. 18(3)
Breish, F., Hamm, C., Andresen S. (2024) Nature’s Load-Bearing Design Principles and Their Application in Engineering: A Review. Biomimetics. 9(9) 
Breish, F., Hamm, C., Kienzler R. (2025) Beyond Global Mechanical Properties: Bioinspired Triply‐Periodic Minimal Surface Cellular Solids for Efficient Mechanical Design and Optimization. Adv. Eng. Mater. 27