Nord-Stream

Methanmessungen in der Ostsee

Untersuchung der Gaslecks an den Nord-Stream-Pipelines mit AWI-Beteiligung
[14. Oktober 2022] 

Am 26. September vermeldeten die Betreiber der Nord-Stream-Pipelines einen Gasaustritt an mehreren Stellen der Unterwasserleitungen. Nach Rücksprache mit der Universität Göteborg und den zuständigen Behörden brach eine schwedisch-deutsche Gruppe unter Leitung von Katarina Abrahamson nach einer Vorbereitungszeit von nur drei Tagen mit dem Forschungsschiff Skagerak zu einer fünftägigen Expedition zur Austrittsstelle auf. Ellen Damm, Samuel Sellmaier und Volkmar Assmann vom Alfred-Wegener-Institut waren dabei, um zu erfassen, wie viel des freigesetzten Methans im Ostseewasser verblieben ist.

Die Untersuchungen wurden an der Grenze zum gesperrten Gebiet nördlich und nordöstlich der Insel Bornholm in schwedischen Hoheitsgewässern, etwa sieben Seemeilen von der Austrittsstelle entfernt, durchgeführt. Um vergleichende Hintergrundwerte zu erhalten, sammelten die Forschenden einen Teil ihrer Daten während der Ausfahrt zusätzlich auch außerhalb der kontaminierten Stelle. Insgesamt entnahmen sie an 20 Stationen etwa 100-120 Wasserproben. Im Umkreis der Austrittsstelle konnte so ein Methangehalt nachgewiesen werden, der etwa 10 000-mal so hoch war wie gewöhnlich. Mit zunehmender Entfernung vom Leck nahm die Gaskonzentration graduell ab, was auf die Verdünnung im Zuge der Ausbreitung im Meerwasser zurückgeführt werden kann.

Die Universität Göteborg führte die ozeanographischen Messungen und die mikrobiologischen Probenahmen durch. Das Team der Geochemikerin Ellen Damm vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) war für das Methan-Messprogramm verantwortlich. „Die Messungen wurden direkt an Bord vorgenommen. Die Rohdaten liegen dementsprechend bereits vor.“ Sie erklärt weiter: „Unser dafür verwendetes Picarro-Gasanalysegerät wurde während der stationsfreien Zeit auf Luftmessungen umgestellt. Diese Messungen liefen dann automatisch und haben Luftdaten gesammelt.“ Die endgültigen Ergebnisse werden innerhalb der nächsten beiden Wochen vorliegen und dann mit den ozeanographischen Daten abgestimmt. Die Daten der chemischen und physikalischen Ozeanographie werden Rückschlüsse auf den Transport und den Verbleib des Methans im Wasser zulassen.

Ein wichtiges Anliegen der Expedition waren die möglichen Auswirkungen des Methan-Austritts auf das Leben im Ozean und die Atmosphäre. Damm erklärt: „Mikroorganismen können sich von Methan ernähren. Im besten Fall führt der Gasaustritt demensprechend zu einer erhöhten mikrobiellen Aktivität, die zur partiellen Aufnahme des Methans führt.“

Wie viel Gas bereits in die Atmosphäre entwichen ist und ob es eventuell zu weiteren Entweichungen in die Atmosphäre kommen kann, wenn z.B. Stürme auftreten, bedarf weiterer Untersuchungen. „Das hängt ganz von den meteorologischen Bedingungen ab“, sagt Damm. „Das Wettrennen zwischen der Freisetzung in die Atmosphäre und dem mikrobiellen Verbrauch im Wasser ist entscheidend für die Klimawirksamkeit des ausgetretenen Methans.“ Parallel zur Schiffexpedition gab es im selben Zeitraum Methanmessungen mit zwei Helikopterflügen, die von der Technischen Universität Braunschweig und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) koordiniert wurden.

Eine zweite Ausfahrt ist für Anfang Dezember geplant. Im Falle einer weiteren Untersuchung der Gaslecks an den Nord-Stream-Pipelines möchte Damm gerne die Erstellung einer Zeitserie umsetzen, die zur Modellierung von derartigen Ereignissen beitragen kann, um in Zukunft schneller in solchen Situationen handeln zu können.

 

Hier gehts zum Interview mit Ellen Damm beim Deutschlandfunk (11.Oktober 2022)

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