Extreme Waldbrände in Ostsibirien nehmen zu

Dichte Lärchenwälder schützen vor Waldbrandgefahr und mildern den Einfluss des Klimawandels ab. Es besteht allerdings die Gefahr, dass sie deutlich lichter werden.
[29. August 2022] 

Ostsibirien wurde in den letzten Jahren von extremen Waldbränden heimgesucht. Um zu verstehen, was das Auftreten von Waldbränden in dieser Region begünstigt, hat ein Forschungsteam unter Leitung von Ramesh Glückler und Elisabeth Dietze vom Alfred-Wegener-Institut nun die Wechselwirkung zwischen Waldbrandaktivität und Waldstruktur in Ostsibirien über einen Zeitraum von ca. 10000 Jahren untersucht. Dafür wurden mit Hilfe von Seesedimenten Umweltveränderungen in diesem Zeitabschnitt rekonstruiert. Die Forschenden vermuten einen Zusammenhang zwischen offenen, also nicht so dicht bewachsenen Waldflächen, und einer hohen Waldbrandaktivität. Ebenso gehen sie davon aus, dass dichte Lärchenwälder eine regulierende Wirkung auf die klimabedingte Intensivierung von Waldbränden haben. Das Journal Frontiers in Ecology and Evolution hat die Ergebnisse nun veröffentlicht. 

„Wir fanden heraus, dass es vor rund 10000 Jahren – als der Wald in Ostsibirien noch sehr offen und von weiten Graslandschaften geprägt war – sehr viele Waldbrände in der Region gab“, sagt Ramesh Glückler. „Im Gegenzug dazu nahm die Feueraktivität mit einem zunehmend dichten Wald bis in die letzten Jahrhunderte ab.“ Das Holozän, der gegenwärtige Zeitabschnitt unserer Erdgeschichte, der vor ca. 11000 Jahren begann, war in seiner Anfangszeit durch offene Lärchen-Birken-Wälder gekennzeichnet. Während des mittleren Holozäns änderte sich die Waldstruktur. Dichte Lärchenwälder dominierten fortan die Vegetation.

In den letzten Jahren gab es speziell in der Republik Sacha im nordöstlichen Teil Russlands häufiger extreme Waldbrände. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen einen möglichen Rückkopplungseffekt: Der Klimawandel führt dazu, dass immer mehr Bäume absterben und Wälder ausdünnen. Die so entstehende offenere Waldlandschaft kann wiederum zu einer höheren Waldbrandaktivität führen. Glückler erklärt weiter: „Wir gehen davon aus, dass der noch bestehende, dichte Lärchenwald den eigentlichen Einfluss des Klimawandels auf die Waldbrände derzeit noch abmildert.“

Die langfristigen Zusammenhänge zwischen den Veränderungen der Waldbrände und der Waldstruktur im Allgemeinen sind noch weitgehend unbekannt. „Da die Menschen vor Ort bereits mit den sich verändernden Umweltbedingungen und der Intensivierung der Feuersaison konfrontiert sind, ist es enorm wichtig zu verstehen, wie Vegetation und Brandrisiko langfristig zusammenhängen,“ so Glückler. Das wollen die Forschenden nun mit Hilfe eines Feuer-Vegetationsmodells simulieren und überprüfen. Die neuen Daten der Studie verbessern außerdem die Einbindung Ostsibiriens in globale Synthesestudien, in denen dieser wichtige Lebensraum oft unterrepräsentiert ist.

Originalpublikation

Ramesh Glückler, Rongwei Geng, Lennart Grimm, Izabella Baisheva, Ulrike Herzschuh, Kathleen R. Stoof-Leichsenring, Stefan Kruse, Andrei Andreev, Luidmila Pestryakova, Elisabeth Dietze: Holocene wildfire and vegetation dynamics in Central Yakutia, Siberia, reconstructed from lake-sediment proxies, Frontiers in Ecology and Evolution (2022), DOI: 10.3389/fevo.2022.962906

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