Antarktis

Antarktische Meeresökosysteme brauchen lokalen und globalen Schutz

Erstes Gutachten zu den Meeressystemen im Südlichen Ozean vorgestellt
[04. November 2021] 

Die Ökosysteme der Antarktis und des Südlichen Ozeans stehen unter zunehmendem Druck durch den globalen Klimawandel und direkte menschliche Einflüsse. Um diese Ökosysteme und ihren gesellschaftlichen Nutzen weltweit zu schützen, sind entschlossene, sofortige Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels auf globaler Ebene sowie ein wirksames Management auf lokaler Ebene erforderlich. Das sind die Ergebnisse eines Gutachtens von Antarktisforschenden, das auf der UN-Klimakonferenz vorgestellt wird.

Das erste Gutachten der Meeresökosysteme im Südlichen Ozean (Marine Ecosystem Assessment for the Southern Ocean - MEASO, 2021) hat gezeigt, dass sich die Ökosysteme in der Antarktis und im Südlichen Ozean aufgrund des globalen Klimawandels und der direkten Auswirkungen des Menschen erheblich verändern. MEASO ist eine internationale Zusammenarbeit von über 200 Forschenden aus 19 Ländern unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), die ihre Ergebnisse und deren Bedeutung jetzt auf der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow vorstellen.

Der Südliche Ozean ist von globaler Bedeutung für die Klimaregulierung, indem er atmosphärisches CO2 aufnimmt, die Weltmeere sowie das Ozean-Klimasystem miteinander verbindet und Heimat für wichtige Arten und ihre Leistungen für das Ökosystem ist. Der globale Klimawandel und die Versauerung der Ozeane wirken sich auf den Zustand und die Produktivität des Südlichen Ozeans aus, was wiederum Auswirkungen auf diese kritischen Prozesse sowie auf die regionale Fischerei (z. B. den antarktischen Krill) und andere Ökosystemleistungen hat.

Globale Reduzierungen der Treibhausgasemissionen und eine Erholung des Klimas sind dringend erforderlich - und müssen auf der COP26-Konferenz zugesagt werden -, um eine irreversible Verschlechterung der Ökosysteme des Südlichen Ozeans und den damit verbundenen Verlust ihrer weitreichenden gesellschaftlichen Vorteile zu vermeiden. Nur wenn wir den globalen Klimawandel eindämmen und gleichzeitig für eine wirksame lokale Erhaltung und Bewirtschaftung sorgen, können wir diese empfindlichen Polarmeere jetzt und in Zukunft wirksam schützen, so eine Kernaussage der Forschenden.

„Der Schutz der Ökosysteme des Südlichen Ozeans ist eine globale Aufgabe. Diese umfangreichen internationalen Forschungsanstrengungen haben nun gezeigt, dass diese Region nur durch einen kollektiven globalen Willen zur Erhaltung der Region geschützt werden kann. Diese polaren Ökosysteme sind stark gefährdet, wenn die globale Erwärmung nicht unter zwei Grad gehalten wird. Globale und lokale Strategien sind dringend erforderlich, damit die antarktischen Meeresökosysteme die besten Chancen haben, den Klimawandel zu überleben“, fasst Dr. Andrew Constable, Leiter der MEASO-Initiative, zusammen.

„Die einzigartige biologische Vielfalt und die globalen Ökosystemleistungen des Südlichen Ozeans sind starke Argumente für eine aktive Eindämmung des Klimawandels. In der Antarktis und anderen großen marinen Ökosystemen ist die Anpassung menschlicher Aktivitäten an den Klimawandel aufgrund der geringen Nutzung der Biosphäre - außer durch Schutzmaßnahmen - kaum eine Option. Solche Maßnahmen sind in anderen Regionen der Welt sinnvoll, können aber das Klimaproblem nicht global lösen“, sagt AWI-Biologe Prof. Julian Gutt, der an dem Projekt mitgewirkt hat.

 

Über das Projekt:

MEASO hat die erste Bewertung der Veränderungen von Lebensräumen, Arten und Nahrungsnetzen vorgenommen, um zu ermitteln, wie gefährlich der künftige Klimawandel für die Ökosysteme des Südlichen Ozeans und ihre Leistungen sein wird. Der Bericht schätzt ab, wie groß die Anpassungsmaßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels sein müssen, die zusätzlich zu Schutz- und Managementstrategien ergriffen werden. MEASO hat diese wissenschaftlichen Informationen über den Zustand und die Trends der Ökosysteme harmonisiert, um politische Entscheidungsträger auf lokaler und globaler Ebene zu informieren. MEASO ist eine Kernaktivität des internationalen und multidisziplinären ICED-Programms (Integrating Climate and Ecosystem Dynamics in the Southern Ocean) und hat eine enge Zusammenarbeit zwischen ICED, dem Wissenschaftlichen Komitee für Antarktisforschung (Scientific Committee on Antarctic Research - SCAR) und dem Southern Ocean Observing System (SOOS) angestoßen, die im Rahmen der UN-Dekade „Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung“ weiter ausgebaut werden soll. Es ist vorgesehen, diese Begutachtung in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, um die laufenden Veränderungen im System zu bewerten und zu quantifizieren sowie eine wirksame Entscheidungsfindung in Bezug auf Anpassungs-, Erhaltungs- und Managementmaßnahmen von Umweltveränderungen in dieser klimasensiblen Region zu unterstützen.

Ein Team von Vertreterinnen und Vertretern der MEASO-Initiative stellt am Samstag, den 6. November um 10:00 Uhr Ortszeit (11:00 MEZ) im Cryosphere Pavilion in der UNFCCC Blue Zone der COP26 auf einem ein Side Event das Gutachten vor.

Die Nebenveranstaltung wird eine Reihe von Präsentationen zu den wichtigsten Ergebnissen der MEASO-Initiative sowie eine interaktive Podiumsdiskussion mit Beteiligung des Publikums (persönlich und online) umfassen.

Das Side Event wird über die folgenden Links live gestreamt und ist anschließend über den ersten Link abrufbar:
https://www.youtube.com/channel/UCr_TPYUAyh13kVbQjzVKh0g
https://www.twitch.tv/cop26cryospherepavilio
https://www.youtube.com/channel/UCXpj1q59mrsT5cOuyagk97Q

Das MEASO eBook in Frontiers in Ecology and Evolution, Frontiers in Environmental Science und Frontiers in Marine Science ist hier verfügbar: https://www.frontiersin.org/research-topics/10606/marine-ecosystem-assessment-for-the-southern-ocean-meeting-the-challenge-for-conserving-earth-ecosys

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