UN-Klimakonferenz in Belém | COP30

AWI-Forscher Hans-Otto Pörtner zieht ein kritisches Fazit zur COP30. Einzelne Themen zeigen positive Entwicklungen, doch bei der dringend notwendigen Senkung der Emissionen und beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern bleibt der Verhandlungsprozess klar hinter den wissenschaftlichen Erkenntnissen zurück:

"Die Ergebnisse dieser COP sind wieder einmal enttäuschend und bleiben hinter dem Pariser Abkommen zurück. Es tauchen viele wichtige Themen auf und die Absichten gehen in die richtige Richtung, zum Beispiel beim Schutz der Regenwälder bzw. Ökosysteme allgemein, der Finanzierung von Anpassung oder dem Schutz der Indigenen Interessen. Aber wo es konkret werden müsste, z.B. in den wichtigen Themen Emissionsreduktion oder Auslaufen der fossilen Brennstoffe, bleibt die COP vage und hinter den Erwartungen zurück, weil sich wieder die großen Produzenten (Saudi Arabien, Russland) und die großen Verbraucher der fossilen Energieträger (China, Indien) mit ihren Prioritäten verzögernd durchgesetzt haben. Ganz klar muss künftig besser sichergestellt werden, dass die Verhandlungen sich voll am Stand der Wissenschaft orientieren. Außerdem sollten die Energiekunden oder ein wesentlicher Teil davon sich auf den Ausstieg einigen und ihn zeitgerecht durchsetzen. Schließlich ist der Kunde König, heißt es."

Vom 10. bis zum 21. November trifft sich die Weltgemeinschaft im brasilianischen Belém, um gemeinsam bei der 30. UN-Weltklimakonferenz (COP) Wege zu finden, die Klimakrise und ihre Folgen für Mensch und Umwelt zu bewältigen. Es ist die erste COP, die im Amazonasgebiet stattfindet, einer Region, die für das Klima eine enorme Rolle spielt: Der Regenwald speichert große Mengen Kohlenstoff und ist Lebensraum für unzählige Arten. Klimaveränderungen und menschliche Einflüsse wie Entwaldung setzen ihm jedoch erheblich zu.

In dieser Umgebung wird einmal mehr deutlich, wie entscheidend es ist, dass sich die Teilnehmenden gemeinsam zu ambitionierten Maßnahmen bekennen, um den Klimawandel einzudämmen. Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage scheint dies in diesem Jahr besonders schwer zu sein.

10 Jahre, nachdem sich die Staaten bei der COP21 auf das Pariser Klimaabkommen geeinigt haben, wird es in Belém unter anderem darum gehen, ob sie mit ihren Nationalen Klimaschutzbeiträgen (NDC, nationally determined contributions) auf dem richtigen Weg sind, um die in Paris vereinbarte 1,5 Grad-Marke zu erreichen. Damals wurde als Ziel vereinbart, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst auf 1,5 Grad, im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dazu müssten die Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren massiv reduziert werden. Bis Ende Oktober dieses Jahres hat laut einem Bericht der UN allerdings nur ein Drittel der Unterzeichner-Staaten neue NDCs eingereicht. Die größten Emittenten sind noch in der Bringschuld. Auch die EU hat erst kurz vor Beginn der COP ihre Pläne beschlossen und darin ihre Klimaziele abgeschwächt. Ende Oktober warnten über 2.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem offenen Brief an die europäischen Staats- und Regierungschefs, dass sich die Diskussionen um das europäische Klimaziel für 2040 zunehmend von wissenschaftlichen Erkenntnissen entfernen. Unterzeichnet haben den Brief auch AWI-Forschende. Bei der COP30 in Belém sind auch wieder einige von ihnen vor Ort, um ihre Forschung unter anderem zu Permafrost und Biodiversität vorzustellen.

Weitere wichtige Themen, die bei der COP30 eine wichtige Rolle spielen könnten, sind eine faire, internationale Klimafinanzierung, die Anpassung an den Klimawandel, der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sowie Klimagerechtigkeit und die Zwillingskrise zwischen dem Verlust von Biodiversität und Klimaerwärmung.
 

Das 1,5°C-Ziel – ein Nachruf? 

von Helge Goessling

AWI-Forscher Dr. Helge Goessling beleuchtet aus der Sicht eines Klimaphysikers, ob wir die 1,5 Grad-Marke noch halten können, oder ob wir sie nicht schon überschritten haben. Seine gesamte Einschätzung finden Sie hier.

„Die Wahrheit ist, dass es uns nicht gelungen ist, ein Überschießen über 1,5°C in den nächsten Jahren zu vermeiden“, räumte UN-Generalsekretär António Guterres jüngst im Vorfeld des COP30-Klimagipfels ein. Das vor zehn Jahren im Pariser Klimaabkommen formulierte Ziel war bereits damals sehr ambitioniert und verlor über Jahre mit unzureichender gesellschaftlich-politischer Gestaltung und zügiger Erwärmung zunehmend an Plausibilität. Doch bislang ist die 1,5°C-Grenze noch gar nicht wirklich überschritten. Und erlaubt das sinngemäß formulierte Ziel von „deutlich unter 2°C, besser 1,5°C“ nicht auch zumindest ein zeitweises Überschreiten der 1,5°C? Ist es also für einen Nachruf zu früh?
 

Globales Kohlenstoffbudget – Wie lange bleibt uns noch?

Das internationale Forschungsprojekt „Global Carbon Project“ stellt in Belém seinen neuen Bericht vor. Und der zeigt, dass die fossilen CO2-Emissionen in 2025 ein Rekordhoch erreichen werden: Mit 38,1 Milliarden Tonnen liegen sie 1,1 Prozent über den Werten von 2024. Bleiben die Emissionen auf diesem Niveau, haben wir in voraussichtlich vier Jahren das verbliebene Kohlenstoffbudget aufgebraucht, das wir noch haben, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

AWI-Klimawissenschaftlerin Prof. Judith Hauck hat die Abschätzung der Ozeansenke für den Bericht koordiniert. „Die Ozeane haben in den vergangenen zehn Jahren 29 Prozent der gesamten CO2-Emissionen aufgenommen. Damit sind sie die größte natürliche Senke für vom Menschen verursachte CO₂-Emissionen.“ Auch die Emissionen aus der Landnutzung zeigen einen leicht rückläufigen Trend. Dennoch sehen die Forschenden im Global Carbon Project, dass sich der Klimawandel immer deutlicher auf die natürlichen Senken auswirkt und die wichtige Funktion von Ozeanen und der Vegetation an Land abschwächt, CO₂ zu speichern. „Die Senken sind so wichtig, weil sie uns einen 50 %-Rabatt auf den Klimawandel gewähren“, erklärt Judith Hauck. „Die beste Möglichkeit, sie zu schützen ist, die CO₂-Emissionen auf null zu bringen und den Klimawandel so weit wie möglich einzudämmen.“

Zwar sieht die AWI-Forscherin Fortschritte in die richtige Richtung, zum Beispiel mit einem starken Ausbau der erneuerbaren Energien und Emissionen, die in vielen Ländern fallen. Das sei aber immer noch nicht genug, um die Welt auf den notwendigen Kurs zu Null-Emissionen zu bringen. Deshalb hofft sie, dass das 10-jährige Bestehen des Klimaabkommens von Paris dazu führt, dass die Staaten auf der COP ihre Anstrengungen weiter verstärken, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. „Dass wir das 1,5 Grad Ziel noch erreichen, ist schwer vorstellbar – hauptsächlich wegen politischer und gesellschaftlicher Prozesse, nicht wegen technischer Limitationen. Aber auch wenn wir die 1,5 Grad nicht einhalten können, kämpfen wir danach für 1,6 und dann 1,7 Grad. Jedes Zehntel Grad zählt.“

Weiterführende Informationen

Die Deutsche Bundesregierung richtet den Deutschen Pavillon auf der COP30 aus. Das Programm wird während der Klimakonferenz live aus Belém übertragen. Mehr erfahren

Kerninformationen zum Klimawandel bietet das kürzlich aktualisierte Klimafaktenpapier, ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener Mitglieder des Deutschen Klima-Konsortiums. Zum Klimafaktenpapier.

AWI auf der COP

Zwillingskrise: Klimawandel und Verlust der Artenvielfalt

Der menschengemachte Klimawandel und der Verlust der Artenvielfalt werden häufig als zwei getrennte Krisen angesehen. Dabei kann keine der beiden erfolgreich überwunden werden, wenn sie nicht gemeinsam gelöst werden. „Beide Katastrophen – Klimakrise und Biodiversitätskrise – bedingen und verstärken sich gegenseitig und sollten deshalb keinesfalls isoliert betrachtet werden“, sagt AWI-Physiologe Prof. Hans-Otto Pörtner, der die deutsche Delegation nach Belém begleiten wird. So verändert die Erderwärmung tiefgreifend die Lebensräume und -bedingungen von Pflanzen und Tieren, beeinflusst ihre Wechselbeziehung untereinander und öffnet Türen für neue Bedrohungen, wie Umweltverschmutzung oder Artensterben. Menschliche Aktivitäten haben rund 75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Ozeangebiete der Erde verändert – und das so stark, dass heute mehr Arten vom Aussterben bedroht sind, als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte.

Auf der anderen Seite schwächt der Verlust von Tier- und Pflanzenarten ganze Ökosysteme und ihre Funktionen. Wälder, Ozeane und Moore sind enorme Kohlenstoffsenken, die diese wichtige Fähigkeit verlieren könnten. Das wieder verschärft die Erderwärmung und damit die Klimakrise. Die COP30 im Amazonasgebiet ist der geeignete Schauplatz, um diese Zwillingskrise auf eine politische Bühne zu stellen und den Schutz der Biodiversität als festen Bestandteil in den nationalen Klimaschutzplänen zu verankern. „Die hohe Artenvielfalt im Amazonasgebiet und die Bedrohung dieses einzigartigen Ökosystems durch den Klimawandel und den Raubbau an der Natur sollte Motivation sein, endlich das Tempo im Klimaschutz zu erreichen, das für die Umsetzung des Pariser Abkommens erforderlich ist“, so Hans-Otto Pörtner.

Für ambitionierte und vor allem wirksame Schutzmaßnahmen sollte sich die Politik an Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. Ende Oktober warnten über 2.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem offenen Brief an die europäischen Staats- und Regierungschefs, dass sich die Diskussionen um das europäische Klimaziel für 2040 zunehmend von wissenschaftlichen Erkenntnissen entfernen. „Wir müssen als Forschende deutlich sagen, wo der richtige Weg ist, den die Politik beschreiten sollte. Das Aufbauen einer nachhaltigen Gesellschaft, in der alle ihr Auskommen haben und ein gutes Leben führen können, ist letztendlich das Ziel, das die tägliche Politik bestimmen sollte“, sagt Hans-Otto Pörtner.

Hier setzt auch das europäisches Kooperationsprojekt „BioAgora“ an. „Wir bringen Forschende, politische Akteure und andere Wissensträger in einem strukturierten Dialog zusammen, um Forschungsergebnisse zur biologischen Vielfalt mit den Bedürfnissen der Entscheidungsfindung zu verbinden“, sagt Dr. Josie Antonucci di Carvalho vom Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität (HIFMB). „In dem Projekt wollen wir einen wissenschaftlichen Dienstes für die biologische Vielfalt aufbauen, der als wissenschaftliche Säule des EU-Wissenszentrums für Biodiversität dazu beitragen soll, dass Biodiversität und Naturkapital in öffentliche Entscheidungen auf allen Ebenen einbezogen werden.“

Die Ökologin betreut das Netzwerk KEN-Marine (Marine Knowledge Exchange Network), das sich auf die biologische Vielfalt der Meere konzentriert und den Zugang zu marinen Erkenntnissen für die Entscheidungsfindung verbessern soll. Das Netzwerk unterstützt auch die Umsetzung wichtiger EU-Meeresziele, darunter die Verpflichtung, mindestens 30 % der EU-Meere gesetzlich zu schützen und die negativen Auswirkungen der Fischerei auf empfindliche Lebensräume und Arten zu reduzieren. Ihre Forschung wird Josie Antonucci di Carvalho beim Deutschen Pavillon der Bundesregierung vorstellen. „Ich möchte mit meinem Beitrag dazu beitragen, die Sichtbarkeit des Ozeans in der politischen Arena zu stärken und einen stärker integrierten Ansatz zu unterstützen, bei dem Klima, biologische Vielfalt und Ozean als untrennbar miteinander verbunden verstanden werden.“
 

Permafrost

Ähnlich wie die Amazonasregion, in der die diesjährige COP stattfindet, steht auch die Kryosphäre kurz davor, Kipppunkte zu überschreiten. Der Klimawandel setzt den gefrorenen Wassermassen unseres Planeten zu, als Folge verschwinden Gletscher, Eisschilde, Meereis und Permafrost. In Belém stellt die „International Cryosphere Climate Initiative“ (ICCI) im Cryosphere Pavilion die aktuellen Erkenntnisse der Wissenschaft vor und zeigt, welche Handlungsbedarfe sich daraus ergeben. Diese fasst auch der gerade erschienene 2025 State of the Cryosphere Report zusammen: Bereits eine Erwärmung um nur 1 Grad könnte die Stabilität der Eisschilde in Arktis und Antarktis gefährden, die der Gletscher sogar bei noch niedrigeren Temperaturen. Ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen könnten die Erwärmung jedoch bis 2100 auf unter 1,5 Grad und im nächsten Jahrhundert auf unter 1 °C senken. Diese müssten allerdings sofort umgesetzt werden.

AWI-Forscher Prof. Hugues Lantuit und Fabian Seemann werden vor Ort sein. Gemeinsam mit Christina Schädel (Woodwell Climate Research Center) und Gustaf Hugelius (Bolin Centre for Climate Research, Stockholm University) werden sie politische Entscheidungsträger über den aktuellen Stand der Wissenschaft zu klimarelevanten Permafrosthemen informieren, etwa über die prognostizierten Emissionen aus tauendem Permafrost. „Etwa 15 Prozent der Landfläche in der nördlichen Hemisphäre sind dauerhaft gefroren. Hier schlummern rund 1024 Gigatonnen Kohlenstoff, was in etwa der doppelten Menge Kohlenstoff in der Atmosphäre entspricht“, sagt Hugues Lantuit. Der Klimawandel lässt die Böden tauen und erhöht das Risiko, dass dieser Kohlenstoff als zusätzliche Treibhausgase in die Atmosphäre gelangt und damit die Klimaerwärmung zusätzlich verstärkt.

„Das Gefährliche ist, dass es nicht einen globalen Kipppunkt gibt, ab dem das Tauen von Permafrost unumkehrbar ist. Es gibt viele lokale und regionale Kippelemente, die zu verschiedenen Zeitpunkten ‚zünden‘ und die Böden so im Gleichschritt mit der Erderwärmung tauen lassen.“ Deshalb ist schnelles Handeln in der Gegenwart noch dringlicher, um möglichst viel Permafrost zu erhalten. „Angesichts der überdurchschnittlichen Erwärmung der Arktis brauchen wir bei der COP30 dringend ambitionierte Beschlüsse“, sagt Hugues Lantuit. „In Belém werden die nächsten NDCs für die Jahre 2031 bis 2035 verhandelt, einen Zeitraum, in dem Klimawandelauswirkungen deutlicher als je zuvor zu erwarten sind. Daher ist jetzt der Zeitpunkt, ehrgeizige Entschlüsse zu fassen und umzusetzen.“  

Als Reaktion auf die alarmierenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Kryosphäre hat die UN-Generalversammlung das Aktionsjahrzehnt für Kryosphärenwissenschaften (2025 – 2034) ausgerufen. Ziel ist es, die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern und nachhaltige Entwicklungsbemühungen zu unterstützen.

Weitere wichtige Themen

Emissions Gap Report und Production Gap Report – Ausstieg aus fossilen Energieträgern

2,3 bis 2,5 Grad Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts – darauf steuern wir hin, wenn jedes Land seine Klimaschutzpläne konsequent umsetzen würde. Das ist die Einschätzung, zu der das UN-Umweltprogramm UNEP im aktuellen Emissions Gap Report kommt. Das ist eine leichte Verbesserung um 0,3 Grad im Vergleich zum letzten Report, die vor allem darauf zurückzuführen sei, dass mehr kohlenstoffarme Technologien verfügbar und erneuerbare Energien, besonders die Solarenergie, auf dem Vormarsch seien. Grund zur Entwarnung sei das aber nicht, wie der Bericht festhält: Die UNEP rechnet damit, dass wir schon innerhalb des nächsten Jahrzehnts die 1,5 Grad-Marke überschreiten, weil es in der Kürze der Zeit kaum möglich sei, dass Länder ihre Emissionen rechtzeitig und ausreichend reduzieren.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch das Stockholm Environment Institute in seinem Production Gap Report. Demnach planen die 20 größten Förderer fossiler Energien, 120 Prozent mehr fossile Energien zu fördern, als es mit der 1,5 Grad-Marke verträglich wäre. Zwar stammt so viel Strom aus erneuerbaren Energien wie noch nie, aber der KI-Boom und wachsende Volkswirtschaften wie China oder Indien verlangen nach sehr viel mehr Energie, als mit Wind und Sonne abgedeckt werden kann. 
 

"Baku to Belém Roadmap to 1,3 Billion" – Was kostet Anpassung an den Klimawandel?

Ein wichtiges Ergebnis, das die Weltgemeinschaft bei der COP29 in Baku, Aserbaidschan, im vergangenen Jahr erzielte, war die Baku to Belém Roadmap to 1,3 Billion. Mit diesem Finanzfahrplan sollen die als Entwicklungsländer eingestuften Staaten bei Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen finanziell unterstützt werden, etwa gegen Dürren, Stürme oder Überschwemmungen. Hierfür sollen bis 2035 jährlich mindestens 1,3 Billionen US-Dollar bereitgestellt werden. In Belém soll nun der strukturelle Rahmen, den die Roadmap vorgibt, konkret gestaltet werden, mit Plänen, die öffentliche und private Geldgeber, Zeithorizonte, sowie Mechanismen zur rechtlichen Verbindlichkeit und Monitoring enthalten. Dadurch sollen bestehende Finanzmechanismen gestärkt und ergänzt werden, wie etwa den „Loss & Damage Fonds“. Dieser unterstützt Entwicklungsländer dabei, Verluste und Schäden auszugleichen, die durch den Klimawandel entstanden sind, denn diese können oft ohne diese Gelder keine schnelle, gerechte Unterstützung bieten.

Der „Adaptation Gap Report“ des UN-Umweltprogramms UNEP unterstreicht die Notwendigkeit einer verbindlichen, fairen Finanzierung: Demnach haben viele Länder schon National Adaptation Plans, um dem Klimawandel entgegenzuwirken und sich an ihn anzupassen, doch es fehlt das Geld, um diese umzusetzen. Demnach bräuchten die Entwicklungsländer hierfür bis 2035 jährlich rund 365 Milliarden Dollar. Das ist 12 bis 14 mal so hoch wie die bisher zugesagte Unterstützung von mindestens 30 Milliarden Dollar.

Bei der COP30 wird es also darum gehen, dass und wie die Staaten konkrete Maßnahmen und Finanzierungspläne beschließen, um diese Lücke zwischen dem tatsächlichen Bedarf und den bisher zugesagten Geldern zu schließen.
 

Nationale Klimaschutzbeiträge

Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, dass die Vertragsstaaten 2025 Nationale Klimaschutzbeiträge (NDC, nationally determined contributions) einreichen, die klar zeigen, welche Maßnahmen ein Land ergreifen will, um bis 2035 Treibhausgase einzusparen. Bis Ende Oktober hat laut einem Bericht der UN allerdings nur ein Drittel neue NDCs eingereicht – und die Maßnahmen, die hier veranschlagt sind, reichen bei weitem nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen: Nach den Plänen würden die Treibhausgasemissionen im Schnitt um 17 Prozent gegenüber der Vor-Corona-Zeit (2019) sinken, es müssten allerdings 60 Prozent sein. Hinzukommt, dass große Emittenten ihre NDCs noch gar nicht eingereicht haben. Auch die EU konnte sich erst kurz vor der COP in zähen Verhandlungen auf ihre NDCs einigen. So wollen die Staaten ihre Emissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Bis zu fünf Prozentpunkte dieser Marke können sie allerdings durch Klimazertifikate einsparen, indem sie Klimaschutzprojekte außerhalb der EU finanziell unterstützen – ursprünglich waren drei Prozent vorgesehen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist allerdings umstritten. 

Die UN hält in ihrem Bericht fest, dass die Maßnahmen zwar im Ergebnis noch nicht ausreichen, die eingereichten NDCs aber auch Fortschritte zeigen. So haben rund 90 Prozent der Staaten in ihren neuen Plänen die Maßnahmen, um Emissionen zu reduzieren, auf alle Bereiche der Wirtschaft ausgeweitet, so dass sie auch für Sektoren wie Energie, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft gelten. Zudem sind in den meisten NDCs verstärkt Maßnahmen zur Anpassung und deren Finanzierung verankert, ebenso Strategien, um widerständiger gegen die Folgen des Klimawandels zu werden. Fast alle Länder haben in ihren nationalen Plänen auch soziale Komponenten festgehalten: So sollen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und lokale Regierungen aktiv Teil daran haben, Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Auch Gender-Aspekte und die Beteiligung indigener Völker und lokaler Gemeinschaften werden zunehmend berücksichtigt. 
 

Klimagerechtigkeit & Soziale Aspekte

Ein Spannungsfeld, in dem sich die COP schon von Anfang an bewegt, ist, dass der Klimawandel zwar alle Länder der Welt betrifft, aber nicht alle gleich stark. Länder im globalen Süden tragen mit ihren Emissionen deutlich weniger zum Klimawandel bei als die Industrienationen auf der Nordhalbkugel, erleben die Folgen aber deutlich stärker. Vielen fehlt das Geld, um sich vor Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen oder Stürmen zu schützen. Um Verluste und Schäden auszugleichen, die durch den Klimawandel entstanden sind, hat die Staatengemeinschaft bei der COP28 in Dubai den „Loss & Damage Fonds“ eingerichtet. Sein voller Umfang ist allerdings noch nicht final ausgearbeitet: Die Beiträge der Länder sind freiwillig und wie Gelder mobilisiert sowie genutzt werden sollen ist auch noch offen. Diese Fragen könnten bei der COP30 thematisiert werden.

Im Juli veröffentlichte der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) ein Gutachten zum Umgang mit dem Klimawandel, das eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt als Menschenrecht bewertet. Der IGH betont, dass die negativen Auswirkungen des Klimawandels auch andere Menschenrechte beeinträchtigen, vor allem in Bezug auf Leben und Gesundheit. Die Staatengemeinschaft hätte also eine völkerrechtliche Verpflichtung, das Voranschreiten des Klimawandels einzudämmen.
 

Wälder

Die COP30 in Belém ist die erste im Amazonasgebiet. Der Regenwald hier ist die grüne Lunge unseres Planeten, denn er speichert schätzungsweise 150 bis 200 Milliarden Tonnen Kohlenstoff und erzeugt durch seine Photosynthese enorme Mengen Sauerstoff. Folgen des Klimawandels und der Verlust der Artenvielfalt setzen der Region aber enorm zu, ebenso wie der Mensch mit seinen Aktivitäten, sodass das Ökosystem zu kippen droht. Mit dem „Tropical Forest Forever Fund“ (TFFF), den Brasilien bei der COP30 vorstellen wird, will das Gastgeberland finanzielle Anreize schaffen, für Länder, die ihre Regenwälder erhalten. 20 Prozent des Fonds sollen indigene Völker und traditionelle Gemeinschaften unterstützen. Der TFFF ist noch in der Anfangsphase und einige Details müssen noch final ausgearbeitet werden.

Unsere Expert:innen zur COP30

Prof. Dr. Maarten Boersma, Interimsdirektor des AWI

„In den letzten zehn Jahren sind die Eismassen auch in der Antarktis sehr stark runter gegangen, obwohl sie vorher relativ stabil waren. Auch im Norden von Grönland schmelzen die Gletscher und wir sehen massive Eisverluste. Deshalb müssen wir als Polarforscher ein starkes Signal setzen, dass was passieren muss.“

Prof. Stefanie Arndt, Meereisphysikerin am AWI

„Die Polarregionen spielen auf der COP eine ganz besondere Rolle, wie wir hier die stärksten Veränderungen im gesamten globalen Klimawandel beobachten. Die Meereisflächen werden immer kleiner, mittlerweile nicht mehr nur in der Arktis sondern auch in der Antarktis in den letzten Jahren. Wir beobachten, dass Eisschilde abschmelzen, das bedeutet das der Meeresspiegel ansteigt. Und das beobachten wir auch hier bei uns, zum Beispiel in Cuxhaven, wo wir laut dem letzten Klimafaktenpapier einen Anstieg von fast 40 cm seit der zur vorindustriellen Zeit beobachten. 
Mein Blick auf die diesjährige COP ist wie immer ein bisschen zwiegespalten. Ich hatte die Möglichkeit, auf den letzten beiden Konferenzen selber dabei zu sein. Was dort an Fortschritten passiert ist, war leider nicht allzu so stark. Dementsprechend habe ich natürlich mehr Hoffnung, dass wir dieses Jahr noch energetischer reingehen – wir müssen handeln. Und das gibt mir Hoffnung.“

Prof. Judith Hauck, Gruppenleiterin Biogeochemische Modellierung der Ozeane am AWI

„Dass wir das 1,5 Grad Ziel noch erreichen, ist schwer vorstellbar – hauptsächlich wegen politischer und gesellschaftlicher Prozesse, nicht wegen technischer Limitationen. Aber auch wenn wir die 1,5 Grad nicht einhalten können, kämpfen wir danach für 1,6 und dann 1,7 Grad. Jedes Zehntel Grad zählt.“

Hans-Otto Pörtner, Physiologe und Meeresbiologe am AWI, ehemaliger Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe II und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltfragen 

„Die hohe Artenvielfalt im Amazonasgebiet und die Bedrohung dieses einzigartigen Ökosystems durch den Klimawandel und den Raubbau an der Natur sollte Motivation sein, endlich das Tempo im Klimaschutz zu erreichen, das für die Umsetzung des Pariser Abkommens erforderlich ist.“

Prof. Hugues Lantuit, Leiter der Arbeitsgruppe Permafrost-Küsten am AWI

„Angesichts der überdurchschnittlichen Erwärmung der Arktis brauchen wir bei der COP30 dringend ambitionierte Beschlüsse. In Belém werden die nächsten NDCs für die Jahre 2031 bis 2035 verhandelt, ein Zeitraum, in dem Klimawandelauswirkungen deutlicher als je zuvor zu erwarten sind. Daher ist jetzt der Zeitpunkt, ehrgeizige Entschlüsse zu fassen und umzusetzen.“

Dr. Helge Goessling, Klimaphysiker am AWI

„Das vor zehn Jahren im Pariser Klimaabkommen formulierte Ziel war bereits damals sehr ambitioniert und verlor über Jahre mit unzureichender gesellschaftlich-politischer Gestaltung und zügiger Erwärmung zunehmend an Plausibilität. Rein physikalisch ist das 1,5°C-Ziel jedoch noch nicht gebrochen. Zugleich sind Szenarien, welche die Temperatur „deutlich unter 2°C“ halten könnten, zunehmend unplausibel. Für einen Nachruf auf das 1,5°C-Ziel ist es genau genommen also noch zu früh. Man verschwendet aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Zeit damit, ihn schonmal zu schreiben und in der Schublade bereit zu legen.“

Veranstaltungen mit AWI-Beteiligung

AWI-Forschende sind in Belém vor Ort und nehmen an verschiedenen Side Events teil, um wissenschaftliche Impulse in die Verhandlungen einzubringen.

Eisreiche Permafrostböden auf der Neusibirische Insel Bol'shoy Lyakhovsky

Permafrost-Climate Feedbacks & How is Permafrost Mapped from…

Mit Hugues Lantuit & Fabian Seemann | 14.11.25 | Vortrag | 15:30 Uhr - 16:45 Uhr | Cryosphere Pavilion 
Laminarien

Science-Policy Interfaces for Biodiversity & Climate:…

Mit Josie Antonucci di Carvalho | 17.11.25 | Side Event | 16:45 Uhr - 18:15 Uhr | Room 4

Permafrost Thaw is Warming the Global Climate and Impacts…

Mit Hugues Lantuit & Fabian Seemann | 14.11.25 | Vortrag | 18:30 Uhr - 19:45 Uhr | Cryosphere Pavilion 
de: Eisberg im Sturm <br />
en: Iceberg

Science for Action Evening: International Cooperation in…

Mit Hans-Otto Pörtner | 19.11.25 | Side Event | 19:00 Uhr - 20:00 Uhr | German Climate Pavilion
Braunalge

Nature-Based Solutions and Beyond: Insights from the…

Mit Josie Antonucci di Carvalho | 17.11.25 | Podiumsdiskussion | 11:30 Uhr - 12:30 Uhr | German Pavilion

Themen @ COP30

CO₂-Budget

Das CO₂-Budget: Was ist das eigentlich?

Wir müssen schnell und wirksam handeln, wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen. Was das CO2-Budget ist und warum es so wichtig ist, erklärt dieser Film.
Permafrostmodellierung

Interaktive Permafrostkarte

Auf dieser Karte kann man sich anzeigen lassen, wie sich bestimmte Eigenschaften des Klimas und des Permafrosts seit dem Jahr 1800 entwickelt haben.

Unsere COP-Fachleute

Hans-Otto Pörtner

Hans-Otto Pörtner

Dr. Hans-Otto Pörtner, Experte für Fragen rund um das Thema IPCC
Portrait Helge Goessling

Helge Goessling

Klimamodellierer Dr. Helge Goessling, Experte für Klimamodelle, Meereisvorhersage und die allgemeine Physik des Klimawandels
Portraitfoto von Dr. Stefanie Arndt

Stefanie Arndt

Dr. Stefanie Arndt, Expertin für Meereisphysik
Porträt des AWI-Permafrostforschers 
Prof. Dr. Hugues Lantuit, Leiter der Helmholtz-Nachwuchsgruppe COPER.

Portrait of AWI permafrost expert Prof Dr Hugues Lantuit, Coastal Permafrost Geomorphologist, Leader, COPER - HGF Young Investigator Group

Hugues Lantuit

Prof. Dr. Hugues Lantuit, Experte für Permafrostforschung und polare Küstendynamik

Judith Hauck

Dr. Judith Hauck, Expertin für die globale Kohlenstoffbilanz
Portraitfoto von Prof. Dr. Maarten Boersma

Maarten Boersma

Prof. Dr. Maarten Boersma, Experte zum Thema Ökologie von Küsten- und Schelfmeeren