PS100 - Wochenbericht Nr. 5 | 15. - 21. August 2016

Unterwegs im Norske Trog

[23. August 2016] 

FS Polarstern hat sich mittlerweile auf den inneren Schelf von Nordostgrönland zum Übergang zwischen dem Norske Trog und dem Westwindtrog vorgearbeitet, in den auch der 79°N Gletscher mündet. In diesem Bereich bleibt das Meereis oft über den gesamten Sommer hinweg präsent.

In diesem Bereich bleibt das Meereis oft über den gesamten Sommer hinweg präsent. Unsere Expedition ist die erste, die hier detaillierte Messungen der Hydrographie, der Strömungsverhältnisse und der Meeresbodenbeschaffenheit durchführen wird.  In der vergangenen Woche folgten wir dem Verlauf des Norske Trogs in nordwestlicher Richtung. Diese Vertiefung im Schelf führt unterhalb des kalten Polarwassers das warme, salzreiche Wasser aus dem Atlantischen Ozean von der Schelfkante in der Framstraße bis hinauf zur Kalbungsfront des 79°N Gletschers. Einer unserer Arbeitsschwerpunkte der letzten Tage bildete die Hydrographie und die damit verbundene biochemische und geochemische Wasserprobennahme entlang des Pfades. Wir konnten zusätzlich alle sieben im Jahre 2014 auf dem mittleren Schelf ausgelegten Verankerungen erfolgreich bergen. Diese waren mit Sensoren zur kontinuierlichen Erfassung der Zirkulation des Atlantikwassers bestückt worden. Im Gegenzug wurden dort vier neue Verankerungen mit ähnlicher Sensorbestückung ausgelegt, die dann im Sommer des nächsten Jahres erneut auf einer Polarstern-Expedition geborgen werden sollen. Zudem haben wir in der vergangenen Woche die helikopterbasierten Operationen zur Ausbringung und Bergung von einigen geodätischen und einer seismologischen Station auf dem grönländischen Festland wieder aufgenommen. Die Wetterbedingungen waren hierfür günstig.

Ein weiter Schwerpunkten waren die geologischen Arbeiten, auf die wir im Folgenden näher eingehen möchten. Das Hauptziel der geologischen Untersuchungen im Norske Trog ist es, die seewärtige Ausdehnung des grönländischen Eisschildes während der letzten Eiszeit festzustellen, dessen nachfolgenden Rückzug zu kartieren und die Konfiguration  des Eisschildes und des Schelfeises des 79°N Gletschers zu Beginn des Holozäns zu bestimmen.  Unter Verwendung der Parasound und Hydrosweep Echolotsysteme von FS Polarstern ist unser Vorgehen dabei zweigleisig. Erstens gilt es, die glazialen Merkmale am Meeresboden zu kartieren und die Charakterisierung der Rückzugsmuster der Gletscheraufsetzlinie vorzunehmen. Zweitens sollen Sedimentumgebungen aus dem Deglazial und dem Holozän  identifiziert und beprobt werden.

Unsere Kartierungen im Bereich des äußeren und mittleren Norske Trogs offenbarten am Meeresboden charakteristische Sedimentkeile, Schürflinien, riesige Gletscherschrammen und intensive Eisbergpflugspuren. Die Sedimentkeile markieren den graduellen Rückzug  von gegründetem Eis in nordwestlicher  Richtung entlang des Trogs und die Pflugspuren deuten an, dass sich der Eisstrom innerhalb der Begrenzungen des Trogs bewegte. Die Spuren auf dem Meeresboden lassen auf eine große Anzahl von Eisbergen schließen, die sich während des Abbruchs des Schelfeises ablösten und auf langanhaltende Umwälzungen der subglazialen und glaziomarinen Sedimente, die im Trog abgelagert wurden.

Der innere Trog und die Randbereiche des Zachariae Eisstroms und des 79°N Gletschers sind die Gegenden, in denen sich das Eisschild zu Beginn des Holozäns zurückzog.  Unsere Beobachtungen in dieser Gegend zeigten von Eis gerundetes Gestein und tiefe Becken mit geschichteten Ablagerungen aus dem Holozän. Diese werden eine Langzeitaufnahme der Aufsetzlinie im Verlauf des Holozäns und der Eisschildfluktuationen liefern und einen Einblick in die paläoozeanographischen Bedingungen auf dem nordostgrönländischen Schelf in den letzten 10000 Jahren liefern. In der nächsten Woche hoffen wir, die Front des 79°N Gletschers selbst zu erkunden ... glückliche Zeiten.

 

Liebe Grüße von FS Polarstern senden Torsten Kanzow und das Geologie-Team.

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