10. November 2025
Online-Meldung

26. Arktisdialog in Berlin: Klimakrise, Umweltthemen und internationale Kooperation im Fokus

Panel III beim Arktisdialog: "Arktische Biodiversität im Klimawandel: von indigenen und lokalen Gemeinschaften lernen" (Foto: Lisa Grosfeld)

Zu einer neuen Ausgabe des Arktisdialogs kamen am 6. November 2025 rund 50 Vertreter:innen aus Wissenschaft und Politik im Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) in Berlin zusammen. Damit war die Veranstaltung, die gemeinsam mit dem Deutschen Arktisbüro des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) organisiert wurde, die bislang größte ihrer Art. Im Mittelpunkt der Gespräche standen aktuelle Entwicklungen in Klima-, Umwelt- und Naturschutzfragen der Arktis sowie die Bedeutung internationaler und interkultureller Kooperation.

Volker Rachold, Leiter des Arktisbüros am AWI und Stefanie Pfahl aus der Abteilung Internationales und Europa des BMUKN eröffneten den Dialog und betonten die zentrale Rolle wissenschaftlicher Erkenntnisse als Basis für politische Entscheidungen. Pfahl hob hervor, wie wichtig multilaterale Kooperationen sind, um gemeinsame Schutz- und Klimaziele in der Arktis zu erreichen. Ilka Wagner von der Abteilung Wasserwirtschaft, Gewässer- und Meeresschutz des BMUKN stellte das neue UN-Hochseeschutzabkommen vor. Zum ersten Mal wird in dem Vertrag ein verbindlicher Rahmen geschaffen, der die Biodiversität auf hoher See schützt. Deutschland wird den Vertrag voraussichtlich in 2026 ratifizieren, ein wichtiger Schritt, um den Schutz mariner Ökosysteme auch jenseits nationaler Grenzen zu stärken. Im Anschluss stellten führende Organisationen und Forschungseinrichtungen Projekte vor, in denen sie international zusammenarbeiten, um dies zu unterstützen.

Inhaltlich bot der Dialog ein breites Spektrum an Themen: Moritz Langer, der am AWI und an der Universität Amsterdam forscht, stellte das Projekt ThinIce vor, das untersucht, welche Folgen das Auftauen des Permafrosts für alte Industriestandorte in der Arktis hat. Von rund 250 früheren Öl- und Gasexplorationsbohrungen wurden bereits acht Standorte im Mackenzie-Delta in Kanada im Projekt genauer untersucht, um Risiken des hinterlassenen, sogenannten „Bohrschlamms“, für Böden, Ökosysteme und die Umwelt besser zu verstehen und Strategien zu deren Minimierung zu entwickeln.

Die AWI-Forscherin Melanie Bergmann, die auch der deutschen Verhandlungsdelegation zum UN-Plastikabkommen angehört, berichtete eindrücklich über die zunehmende Belastung der Arktis durch Plastikmüll. Besonders im Meereis und in der Tiefsee wurden hohe Konzentrationen festgestellt. Bergmann betonte, dass der Transport von Plastik über Meeresströmungen die globale Dimension des Problems verdeutlicht: Müll aus weit entfernten Regionen erreicht die Arktis und kann die dortigen empfindlichen Ökosysteme langfristig beeinträchtigen, und durch die aus dem Meer stammenden Nahrungsquellen auch die Menschen in der Arktis. 

Ein weiteres Thema war die Belastung von Meeressäugern mit Mikroplastik. Ursula Siebert vom Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover stellte Ergebnisse zur vor. Demnach weisen insbesondere Schweinswale und Buckelwale erhöhte Konzentrationen in Muskelgewebe und Fettschicht auf. Im Rahmen des PIONEER-Projekts wird zudem die akustische und chemische Belastung durch Schiffsverkehr und Bohrungen untersucht. Erste Analysen der Gehörorgane von Belugawalen und Schweinswalen zeigen, dass etwa ein Drittel der Tiere Hörverluste im niedrigfrequenten Bereich aufweist. 

Dirk Notz von der Universität Hamburg zeigte auf, welche Folgen die globale Erwärmung für die Arktis hat. So könnten sich bei einem globalen Temperaturanstieg um 2,7 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen die Permafrostflächen halbieren, der Arktische Ozean im Sommer mehrere Monate eisfrei sein und das Schmelzen des grönländischen Eisschhilds würde massiv voranschreiten. 

Stefan Ziegler vom WWF berichtete über das Projekt SQUEEZE, in dem ökologische, wirtschaftliche und kulturelle Faktoren zur Evaluierung von Schutzgebieten in der arktischen Tundra zusammengeführt werden, um die Umsetzung des Globalen Biodiversitätsrahmens von Kunming-Montréal in der Arktis zu unterstützen. Der Rahmen sieht vor, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen wirksam geschützt und nachhaltig bewirtschaftet werden, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Angesichts der fortschreitenden Ausweitung der Klimazonen nach Norden, sollen Naturschutzgebiete frühzeitig ausgewiesen werden, um dem wachsenden Nutzungsdruck in der Arktis entgegenzuwirken.

Der finale Schwerpunkt des Tages lag auf der arktischen Biodiversität und der Einbindung Indigenen und lokalen Wissens in arktischen Forschungsprojekten. Nina Döring (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit am GFZ/ RIFS), Lia Laureen Schulz (Deutsches Arktisbüro am AWI), Michael Karcher (AWI) und Luca Schick (ITAW) reflektierten zentrale Ergebnisse und aktuelle Prioritäten, um die Arktisforschung künftig gerechter und transparenter zu gestalten. Hierbei sei es wichtig, indigenes Wissen und lokale Perspektiven langfristig in Forschungsprojekte einzubinden und diese auch finanziell anzuerkennen. Nur so könne man nachhaltige und gleichberechtigte Partnerschaften in der Arktisforschung fördern. 

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