Meereisbeobachtung: Auf die Details kommt es an

Dr. Lars Kaleschke, Meereisphysiker am Alfred-Wegener-Institut.

Meereis

Fernerkundung

Remote Sensing

Meereis spielt eine wichtige Rolle im globalen Klimasystem. Es zeigt Veränderungen im Klimasystem an und koppelt Teilsysteme miteinander. Als Grenzfläche zwischen Ozean und Atmosphäre beispielsweise moduliert die Meereisdecke die Flüsse von Energie, Impuls, Salz, Feuchtigkeit und Spurengasen zwischen beiden Komponenten. Unser Wissen über das Meereis der Arktis und Antarktis wächst stetig, dennoch verstehen wir noch nicht alle Zusammenhänge und Phänomene.

Über dem arktischen Ozean nimmt die Bedeckung mit Meereises stetig ab. Im Sommer entstehen auf dem Eis häufiger große Schmelztümpel, dadurch kann mehr Sonnenstrahlung aufgenommen werden. Als Folge wachsen mehr Algen, die ozeanische Biomasseproduktion steigt, mehr Kohlenstoff wird aufgenommen und gebunden. Welchen Einfluss aber haben solche Entwicklungen auf das Meereis selbst? Gibt es Rückkopplungen, die sich eventuell sogar positiv auf die Eisdecke auswirken könnten?
In der Antarktis sehen wir keinen klaren Trend in der Meereisentwicklung. Hinzu kommt, dass sich im antarktischen Meereis immer wieder große eisfreie Flächen öffnen – sogenannte Polynyen. In den Küstenpolynyen treiben starke Winde das Meereis von der Küste weg, in solchen ‚Eisfabriken‘ entsteht kontinuierlich neues Meereis während der Ursprungsort aber weiterhin eisfrei bleibt. Andere Phänomene – zum Beispiel unterseeische Gebirge – können dazu beitragen, dass auch fern von Küsten sich Polynyen öffnen können. Warum sich solche Polynyen öffnen ist noch nicht vollständig geklärt. Für viele solcher Wechselwirkungen fehlt uns noch das Detailwissen, was auch erklärt, warum diese Rückkopplungen noch nicht in großen Klimamodellen abgebildet werden.

Um hier voranzukommen, müssen wir unsere Meereis-Beobachtungssysteme ausbauen und uns fragen, mithilfe welcher Parameter sich Flüsse und Veränderungen am zielführendsten beobachten lassen. Mithilfe dieser Messdaten werden wir dann in der Lage sein, die einzelnen Prozesse zu verstehen und sie zu modellieren. Im nächsten Schritt gilt es dann, herauszufinden, welche Echtdaten es braucht, um die Computermodelle zu validieren und die Wirklichkeit des Meereises in der Arktis und Antarktis so genau wie möglich am Rechner abzubilden. Wenn uns diese Detailarbeit gelingt, werden wir auch in der Lage sein, die großen Klimamodelle zu verbessern, sodass uns ihre Projektionen genauere Auskunft geben über die Zukunft des Meereises und wie sich sein Schicksal auf das Klima der Erde auswirken wird.