Biologische Gefahren aus dem Meer überwachen und vorhersagen

Alfred-Wegener-Institut koordiniert neues Verbundprojekt der Deutschen Allianz Meeresforschung
[18. Januar 2024] 

Der Klimawandel wird wahrscheinlich die Verbreitung von Krankheitserregern im Meer beeinflussen: Bei höheren Wassertemperaturen könnten auch für den Menschen schädliche Bakterien massenhaft auftreten und stellen eine biologische Gefahr dar. Das neue, am Alfred-Wegener-Institut koordinierte Verbundprojekt Projekt PrimePrevention hat sich zum Ziel gesetzt, Werkzeuge zu entwickeln, damit sich die Gesellschaft auf solche Gefahren einstellen und ihre Auswirkungen vermeiden oder mindern kann. Es ist eines von vier Projekten, die die Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) unter dem Dach ihrer dritten Forschungsmission mareXtreme durchführt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie die Wissenschaftsressorts der norddeutschen Bundesländer (Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) stellen für mareXtreme rund 20 Millionen Euro zur Verfügung, wovon fünf Millionen Euro für PrimePrevention zur Verfügung stehen.

Mit steigenden Wassertemperaturen erhöht sich die Gefahr, dass verschiedenste für Mensch und Ökosysteme schädliche Mikroorganismen zunehmend auch in Nord- und Ostsee massenhaft auftreten, wie wir es aktuell eher aus tropischen Regionen kennen. Frühere Forschungen am Alfred-Wegener-Institut zeigten, dass Bakterien der Gattung Vibrio in gemäßigten Sommern nur vereinzelt im Meerwasser nachweisbar sind. Sie können sich aber bei Hitzewellen explosionsartig vermehren, wenn die Wassertemperatur 22 Grad Celsius übersteigt – und die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht sich mit dem Klimawandel. Diese Vibrionen können Durchfallerkrankungen oder schwere Entzündungen hervorrufen.

„Wir sind aktuell nicht in der Lage, die Gefahren, die von pathogenen Vibrionen und anderen schädlichen Mikroorganismen für die Gesundheit von Mensch und Ökosystemen ausgehen sowie deren negative wirtschaftliche Folgen für Europa beurteilen und vorhersagen zu können“, sagt Dr. Katja Metfies, Molekularökologin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Daher freue ich mich sehr, dass wir das Thema im Rahmen von PrimePrevention jetzt angehen können“, so die Leiterin des Verbundprojekts weiter. Ziel des Forschungskonsortiums ist es, am Ende technologie- und datenbasierte Empfehlungen für Frühwarnsysteme und Informationsketten zur Minderung der Auswirkungen mariner biologischer Gefahren abzugeben. Hier wird das Projekt die Politik und Gesellschaft mit dem technologischen und wissenschaftlichen Hintergrund für angepasste marine Überwachungs- und Bewertungsstrategien versorgen. Beteiligt sind mehr als 30 Fachleute für Messsensorik, Sozialforschung und Mikrobiologie.

Dafür ist es essentiell, potentielle biologische Gefahren im Meer zu kennen. Das Forschungsteam wird neuste Technologie für die Identifizierung von marinen Mikroorganismen mit den aktuellsten molekulargenetischen Analysemethoden in die Umweltbeobachtungen integrieren, die auch die medizinische Diagnostik oder die Forensik nutzen. PrimePrevention setzt für die Analyse der Zusammensetzung mariner eukaryotischer Mikroorganismen aus verschiedensten Umweltproben eine Auswahl komplementärer Methoden ein: Sequenziermethoden der nächsten Generation (Next Generation Sequencing), molekulare Sensortechnologie und quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (PCR).

Außerdem entwickelt das Team modular aufgebaute, verteilte Messsysteme unterschiedlicher Komplexität und zeitlicher und räumlicher Abdeckung für intelligente, zielgenaue Messungen im Feld. So wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewährleisten, dass das Beobachtungsnetz zukünftig wirtschaftlich betrieben werden kann. Damit Informationen über potentielle Umweltgefahren die Bevölkerung im Bedarfsfall auch erreichen, wird es eine enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, Politik, Behörden und weiteren Stakeholdern geben und ein Informationssystem für die Öffentlichkeit entwickelt.

Neben den biologischen Gefahren betrachtet die 3. DAM-Forschungsmission mareXtreme weitere thematische Schwerpunkte. Die Forschenden vernetzen sich über die Grenzen der einzelnen Verbundprojekte hinweg, denn einzelne Extremereignisse und Naturgefahren können noch verstärkt werden, wenn sie gleichzeitig oder in kurzer Folge auftreten und miteinander interagieren. Neben den marin-biologischen Gefahren sind marine Georisiken und physikalisch-ozeanographische Risiken Teil von mareXtreme. Weitere Informationen gibt es auf dieser Webseite der DAM.

 

PrimePrevention-Konsortium:

  • Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
  • Aquaecology GmbH
  • Bundesamt für Seefahrt und Hydrographie
  • Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
  • GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
  • Jade Hochschule Wilhelmshaven
  • Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
  • Thünen-Institut für Ostseefischerei
  • Universität Freiburg
  • Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Kontakt

Wissenschaft

Katja Metfies
+49(471)4831-2083
Katja.Metfies@awi.de

Pressestelle

Folke Mehrtens
+49(0)471 4831-2007
Folke.Mehrtens@awi.de

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Das Institut

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in den Polarregionen und Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Als eines von 18 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft koordiniert es Deutschlands Polarforschung und stellt Schiffe wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen für die internationale Wissenschaft zur Verfügung.