PS100 - Wochenbericht Nr. 1 | 18. Juli - 24. Juli 2016

Polarstern-Expedition, Klappe die hundertste

[28. Juli 2016] 

Am Abend des 18. Juli verließ der Forschungseisbrecher Polarstern den Hafen von Tromsø zu seiner hundertsten Reise bei trübem Wetter. Mit an Bord sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 13 Nationen, die das Spektrum von physikalischer Ozeanographie, Geochemie, Geodäsie, Geologie, Geophysik, Seismologie, marine Biologie, Biochemie und Ingenieurswesen abdecken.

Auf der Expedition “Greenland ice sheet/ocean interaction and Fram Strait fluxes” (GRIFF) sollen Untersuchungen des physikalischen, biochemischen und biologischen Austausches zwischen dem Nordpolarmeer und dem europäischen Nordmeer durch die Framstraße durchgeführt und mit Beobachtungen der Wechselwirkung zwischen dem grönländischen Eisschild und dem europäischen Nordmeer kombiniert werden.  

Ein Schwerpunkt gleich zu Beginn der Reise stellte ein Seismologisches Experiment dar. Während die meisten Teilnehmer unserer Reise das Ozeanwasser selbst untersuchen, stellt es für die Seismologen eher ein Hindernis dar, das den Blick auf ein langgezogenes untermeerisches Gebirge verstellt – den Knipovich Rücken. Hier driften die Kontinente Nordamerika und Eurasien so langsam auseinander, dass kaum genug Schmelze entsteht, um die Lücke zu füllen. Als Resultat entstehen an einigen Stellen riesige Vulkane mit einer mächtigen Lavaschicht, während dazwischen der Erdmantel an den Meeresboden befördert wird.

Diese unregelmäßige Verteilung von Magma unterscheidet das arktische mittelozeanische Rückensystem zusammen mit dem Südwestindischen Rücken zwischen Afrika und der Antarktis von allen anderen Spreizungsrücken. Um besser zu verstehen, wie neuer Ozeanboden an diesen ultralangsamen Rücken entsteht, zeichnen wir kleinste Erdbeben auf, die diesen Prozess begleiten. Dazu werden wir im Laufe der Reise insgesamt 23 Ozeanbodenseismometer entlang 180 Kilometer der Rückenachse ausbringen und die Erdbebentätigkeit von zwei Vulkanen und dem dazwischenliegenden Magma-armen Bereich untersuchen. Aus den Tiefen der Erdbebenherde können wir dann auf die Mächtigkeit der jungen Ozeanlithosphäre schließen und ihre Temperatur bestimmen.

Die Erdbebenverteilung wird uns aktive Störungen anzeigen und Bereiche, in denen die neue Lithosphäre sich ganz ohne Erdbeben bewegen kann, etwa wenn Wasser tief durch das Mantelgestein zirkuliert und ein sehr weiches Gestein namens Serpentinit gebildet wird. Die Wellen der Erdbeben werden wir zu einer Tomographie nutzen – wie in der Medizin – nur dass unser Patient der Logachev Vulkan ist, dessen Magma-Innenleben wir erforschen wollen.

10 Ozeanbodenseismometer haben in den vergangenen Tagen ihren Standplatz am Meeresboden gefunden. 13 weitere folgen am Ende der Reise. In gut 14 Monaten werden wir die Geräte wieder bergen und hoffen, dass sie spannende Daten aus der Tiefe ans Licht bringen.

Herzliche Grüße von Bord senden

Vera Schlindwein, Henning Kirk, Torsten Kanzow AWI

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