Eiskernbearbeitung im AWI-Eislabor

[06. Dezember 2023] 

Im AWI-Eislabor wird derzeit ein Teil eines Eiskerns aus dem Nordostgrönländischen Eisstrom (NEGIS) untersucht. Der Kern stammt aus „EastGRIP“, einem gemeinsamen Projekt verschiedener internationaler Partner. In Zusammenarbeit konnten sie insgesamt 2668 Meter tief bohren und somit die gesamte Eisdicke durchdringen und den Felsuntergrund erreichen. Die Analyse des Eiskerns soll neue Erkenntnisse über das Verhalten von Eisströmen liefern und das Verständnis ihres Beitrags zum zukünftigen Meeresspiegelanstieg verbessern. Ein weiteres Ziel ist die Aufzeichnung vergangener Klimabedingungen aus dem nordöstlichen Teil des grönländischen Eisschildes. Zahlreiche Labore weltweit wollen die Daten analysieren.

Aufgrund einer zweijährigen Verzögerung durch die Covid-19-Pandemie dauerte die Bohrung fast 6 Jahre. Die Kernsegmente wurden in Kopenhagen gelagert und schließlich in gekühlten Containern in das Außenlager im Fischereihafen gebracht.

Im Eislabor in Bremerhaven wird der Kern abschnittweise bearbeitet. Das Labor ist in seiner Größe und Ausstattung einzigartig in Europa: Es gibt mehrere Sägen und Instrumente, die alle gleichzeitig aufgebaut und genutzt werden können. Zwei Packtische, ein Line Scanner und ein ECM (Electrical Conductivity Measurement) stehen zur Verfügung. Mit diesen Geräten wird auch der EastGRIP-Eiskern untersucht. Der Linescanner beispielsweise dient dazu, die Stratigraphie des Eises sichtbar zu machen. Zudem können im Eislabor 8-10 Personen gleichzeitig arbeiten und es gibt einen besonders kalten Lagerraum (-30°C). Dort können die Eiskernstücke zwischengelagert werden, bevor sie wieder in das Eislager im Fischereihafen transportiert werden.

Aktuell wird der Abschnitt des Kerns ab ca. 2121m bis ca. 2657m Tiefe im Eislabor bearbeitet. Er stammt aus den Bohrungen der Feldsaisons 2022 und 2023. Der Teil des Kerns bis 2121m Tiefe konnte bereits prozessiert werden. Da es sich um den Abschnitt kurz vor dem Grundgestein handelt, soll der verbleibende Teil von unterhalb von 2657m gesondert bearbeitet werden und wird vorerst in Kopenhagen gelagert.

Im „Processing“ wurde der Eiskern nach einem Schnittplan zerlegt und es wurden erste Messungen angestellt. Dazu gehören auch die Untersuchung der elektrischen Leitfähigkeit und eine Abbildung der Stratigraphie des Eises. Die Messungen haben das Ziel, Merkmale wie zum Beispiel Staubbänder aus der letzten Eiszeit zu identifizieren, und das Alter des Eises zu bestimmen. Das jüngste Eis, das gerade hier bearbeitet wird, wird auf etwa 50.000 Jahre geschätzt, während das älteste Eis wahrscheinlich älter als 120.000 Jahre ist. Somit ist das Eis überraschenderweise deutlich älter, als Radardaten vor der Bohrung vermuten ließen. Es stammt teilweise aus der Warmzeit vor der letzten Eiszeit, welche Eem genannt wird. Die Schätzung des Alters basiert auf Messung der elektrischen Leitfähigkeit am Kern und dem Vergleich der Werte mit denen von schon datierten grönländischen Eiskernen.

Weitere wertvolle Informationen soll die Untersuchung von Partikeln wie Sandkörnern oder kleinen Steinen liefern. Wann haben sie das letzte Mal das Licht gesehen? Diese Frage wird mithilfe der Methode des Exposure Dating beantwortet. Weil diese Analyse nicht in Bremerhaven durchgeführt werden kann, werden die Proben, die solche Partikel enthalten, zunächst separat in Kopenhagen aufbewahrt. Sie sind schwarz verpackt, damit vor der Untersuchung kein Licht auf sie fällt.

Um die bereits erzielten Ergebnisse weiter zu ergänzen, wird im AWI-Eislabor aktuell noch die Messung der Wasser-Isotope durchgeführt. Diese Untersuchung ermöglicht genauere Aussagen über das Alter des Eises.

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