Ökosysteme schützen

Fortschritte beim Schutz von Ökosystemen bestimmen

Internationales Konsortium entwickelt ein Indikatoren-System, das es ermöglicht, die Wirksamkeit von Naturschutz- und Renaturierungsprojekten Ökosystem-übergreifend zu bewerten
[17. März 2022] 

Der Klimawandel verändert unsere Ökosysteme und bringt sie an ihre Grenzen. Steigende Temperaturen oder Extremwetter wie Regen und Dürre verändern Lebensräume und ihre Funktionen für das Gesamtsystem. Wissenschaft und Gesellschaft arbeiten in verschiedenen Projekten zusammen, um Ökosysteme auf der ganzen Welt zu schützen und zerstörte Lebensräume wiederherzustellen. Um den Fortschritt und die Erfolge solcher Maßnahmen zu erfassen und zu bewerten, hat ein internationales Konsortium ein Bewertungssystem mit einheitlichen Indikatoren entwickelt. Forschende vom Alfred-Wegener-Institut haben dabei geholfen.

Ökosysteme an Land und im Meer speichern große Mengen Kohlendioxid und helfen so, das Klima zu regulieren. Die intensive Nutzung durch den Menschen und die großflächige Zerstörung von natürlichen Lebensräumen macht unseren Ökosystemen jedoch schwer zu schaffen: Die biologische Vielfalt geht zurück und die Leistungsfähigkeit dieser Systeme ist so geschwächt, dass sie sich im schlimmsten Fall nicht mehr davon erholen können. Wichtige Ökosystemfunktionen und -leistungen gehen verloren, wie zum Beispiel die Wasseraufnahme und -speicherung in gesunden Böden oder die Verbesserung der Luft- und Wasserqualität durch ökologische Schlüsselarten. Der Verlust dieser Funktionen führt immer häufiger zu Naturkatastrophen die auch uns Menschen unmittelbar betreffen und bedrohen.

Projekte, die helfen, beschädigte Lebensräume zu schützen oder wiederherzustellen, sind daher besonders wichtig für den Klimaschutz. Doch wie lassen sich Fortschritte und Auswirkungen solcher Projekte einheitlich bewerten? Mit dieser Frage haben sich die Society for Ecological Restoration (SER), Climate Focus und das Global Restoration Observatory (GRO)-Netzwerk befasst.

„Wir haben ein System entwickelt, das es möglich macht, unterschiedlichste Restaurierungsmaßnahmen nach den gleichen Kriterien zu bewerten, einzuordnen und zu vergleichen“, sagt Dr. Bernadette Pogoda, vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), die an der Entwicklung beteiligt war. „Insgesamt haben wir 61 Indikatoren identifiziert, die Ökosystem übergreifend anwendbar sind und für viele Plattformen und Datenbanken genutzt werden können.“ Die Indikatoren bewerten unter anderem Aktivitäten, Ansätze und Ausmaß der Wiederherstellung, welchen Beitrag Maßnahmen zu globalen Verpflichtungen leisten, welche Interessengruppen beteiligt sind, wie der Zustand der biologischen Vielfalt in einem Ökosystem ist und was die Ursachen für den Verlust sind. Projektverantwortliche, Forschende und andere Beteiligte können so Maßnahmen leichter vergleichen, auswerten, bei Bedarf anpassen und eine transparente Nutzung der Erkenntnisse ermöglichen.

„Unser Indikatoren-System schließt eine problematische Lücke bei der Überwachung der Wiederherstellung von Ökosystemen: Es bringt detaillierte Projektinformationen auf einen gemeinsamen Nenner, nicht mehr nur auf nationaler Ebene, sondern auf globaler. Das ist wichtig, denn der Schutz von Ökosystemen hört nicht an Ländergrenzen auf“, sagt Bernadette Pogoda. Mehr als 82 Personen aus 26 Ländern haben das Bewertungssystem entwickelt.


Hintergrund: UN-Dekade für die Wiederherstellung von Ökosystemen

Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2021 bis 2030 zur UN-Dekade für die Wiederherstellung von Ökosystemen ausgerufen. Ziel der neuen Dekade ist es, die globalen Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen, indem der weltweit voranschreitende Verlust von Ökosystemen gestoppt und Lebensräume erhalten und wiederhergestellt werden. Die Überwachungsindikatoren der Society for Ecological Restoration, Climate Focus und des Global Restoration Observatory (GRO)-Netzwerk sind direkt mit den Grundsätzen der UN-Dekade verknüpft.


Die Rückkehr der Europäischen Auster

Bernadette Pogoda erforscht mit ihrem Team, wie Ökosysteme im Meer geschützt werden und wie wichtige Arten in Meeresgebiete zurückkehren können, aus denen sie verschwunden sind. So versuchen die Wissenschaftler:innen in den Projekten RESTORE und PROCEED, die Europäische Auster in der deutschen Nordsee wieder anzusiedeln. Die Muscheln bauen Riffstrukturen auf und bilden wertvolle Lebensräume für andere Arten wie Krebse und Fische. Damit stärken sie die Biodiversität. Um die Auster wieder in die deutsche Nordsee zu bringen, züchten die Forschenden junge Austern auf Helgoland an und siedeln sie dann im Naturschutzgebiet „Borkum Riffgrund“ im Rahmen einer Riffwiederherstellung an. Um die 100.000 Jungtiere haben sie bisher ausgebracht.
 

Weitere Informationen

https://globalrestorationobservatory.com​

https://noraeurope.eu/wp-content/uploads/nora-docs-download/NORA-Oyster-Factsheet-UN-Decade.pdf

https://www.awi.de/forschung/biowissenschaften/oekologie-der-schelfmeere/schwerpunkte/europaeische-auster.html

https://www.decadeonrestoration.org