Klimawandel: Wie sich der Krill und andere Schlüsselarten in den Polarregionen verändern

Prof. Dr. Bettina Meyer, Gruppenleiterin Ökophysiologie pelagischer Schlüsselarten am Alfred-Wegener-Institut und Professorin an der Universtität Oldenburg.

Krill

Polare pelagische Schlüsselarten

Biologische Uhr

Der Antarktische Krill stellt mit bis zu 500 Millionen Tonnen die größte Biomasse aller mehrzelligen Wildtierarten auf dem Planeten dar. Im Südpolarmeer ist der Krill die zentrale Nahrung für zahlreiche Räuber wie Bartenwale, Robben, Pinguine, Fische und Seevögel. Der Krill wird allerdings von verschiedenen Seiten bedroht: Verringerte Ausdehnung und Dauer der winterlichen Meereisbedeckung infolge der regionalen Erwärmung im Bereich der Antarktischen Halbinsel führt zu Populationsverschiebungen, zunehmende Krillfischerei und gleichzeitig die Erholung der Bartenwale, die sich vom Krill ernähren, beeinflussen den Krillbestand. Unser Forschungsziel ist zu verstehen, wie sich der Krill an Umweltveränderungen anpassen kann und in wieweit die Verbreitung der Bartenwale durch die Krillverteilung und Fischerei beeinflusst wird. Diese Daten sind von zentraler Bedeutung, um zukünftige Entwicklungen der Krill- und Bartenwalpopulation zu modellieren und mögliche Konsequenzen vorherzusagen, die Populationsverschiebungen dieser Gruppen auf das marine Ökosystem in der Zukunft haben könnten.

Um die Anpassungsfähigkeit von polaren Schlüsselarten gegenüber dem Klimawandel zu verstehen, untersuchen wir, neben den Einfluss steigender Temperaturen auf deren Fitness, wie die biologische Uhr den Lebenszyklus von polaren Schlüsselarten beeinflusst. Biologische Uhren ermöglichen den Organismen saisonale Umweltveränderungen vorauszuahnen und ihre Physiologie entsprechend zu regulieren. Der tägliche 24-Stunden Zyklus von Licht und Dunkelheit und der jährliche 12-Monats-Zyklus mit wechselnder Tageslänge stellen die beiden wichtigsten Zeitgeber für innere Uhren dar und ändern sich nicht mit der anthropogenen Erwärmung. Die Anpassung der Organismen an diese Zyklen spielt eine wichtige Rolle für die Funktionalität von Ökosystemen. Mit der Erwärmung des Südpolarmeers durch den anthropogenen Klimawandel kann sich die enge Beziehung zwischen saisonalen Rhythmen in der polaren Umwelt (Futterverfügbarkeit, Tagelänge, Meereisbedeckung) und die saisonale Rhythmik von wichtigen Lebensfunktionen (Geschlechtsreife, Wachstum, Bildung von Fettreserven) von Schlüsselarten, die sich über Millionen von Jahren entwickelt haben, aus dem Takt geraten. Ein sogenannter 'miss-match' hat Einfluss auf die Populationsentwicklung dieser Organismen in der Zukunft und durch ihre Schlüsselposition im Nahrungsnetz auch auf das gesamte Ökosystem.