Ein internationales Team von Wissenschaftlern und Technikern hat am          17. Januar 2006 unter Federführung des Alfred-Wegener-Instituts für          Polar- und Meeresforschung die Eiskern-Tiefbohrung an der Kohnen-Station          des Alfred-Wegener-Instituts in Dronning Maud Land/Antarktis in einer          Tiefe von 2774 Metern erfolgreich abgeschlossen. Erste Untersuchungen          des Eiskerns vor Ort lassen vermuten, dass in den untersten 200 Metern          sehr altes Eis erbohrt werden konnte.
         
         Klimadaten aus den letzten 900.000 Jahren
Die          Arbeiten erfolgten im Rahmen des EPICA–Programms (European Program          for Ice Coring in Antarctica) und hatten das Ziel, detaillierte Informationen          über das Klima der Vergangenheit zu erhalten. Von den Daten erwarten          die Wissenschaftler entscheidende Verbesserungen zum Verständnis          des globalen Klimageschehens. Nach der detaillierten Auswertung in den          heimischen Laboren werden zeitlich sehr hoch aufgelöste Klimadaten          aus den oberen 2400 Metern der Bohrung, die den letzten Eiszeitzyklus          umfassen, vorliegen. Die gewonnenen Bohrkerne aus größeren          Tiefen sind vermutlich bis zu 900.000 Jahre alt. Diese Einblicke in die          ferne Klimageschichte der Antarktis ermöglichen ein tieferes Verständnis          der Bedeutung der Polarregionen für das globale Klimageschehen damals          und auch heute.
         
         Fünf Jahre Tiefbohrung in der Antarktis
         Eiskern-Tiefbohrprojekte          sind langfristig angelegte Forschungsprogramme. Die Arbeiten für          EPICA im Dronning Maud Land begannen 1996 mit einer Vorerkundungsphase          zur Bestimmung eines geeigneten Bohrpunktes. Sie umfassten umfangreiche          geophysikalische und eiskundliche Untersuchungen aus der Luft und am Boden          in einem bislang unerforschten Gebiet der Antarktis. Nach der Bestimmung          des Bohrpunktes wurde 1999 mit dem Bau der Sommerstation Kohnen bei 75°Süd          und 0° 4’ Ost in einer Meereshöhe von 2900 Metern begonnen.          Bereits bei Fertigstellung der Station 2001 wurde mit der Einrichtung          der Bohrstelle begonnen. Nach Beginn der Tiefbohrung 2001/2002 wurde in          vier Bohrsaisons die Bohrung abgeteuft. Über die gesamte Tiefe konnten          Eiskerne mit hervorragender Qualität gewonnen werden.
         
         Extreme Belastung für Mensch und Gerät
                   Feldarbeiten in der Antarktis bieten nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht          große Herausforderungen. Die Arbeitsbedingungen für die Menschen          und das technische Gerät sind extrem: An der Kohnen-Station herrschen          während der Sommermonate Dezember und Januar Temperaturen zwischen          minus 35°C und minus 20°C vor, zu Beginn der jetzigen Feldsaison          im November 2005 wurden Temperaturen unter minus 50° C gemessen.
         
         Internationale Kooperation
         Im EPICA-Projekt arbeitet ein Konsortium von Forschergruppen aus zehn          europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, England,          Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz) zusammen.          EPICA wird über die European Science Foundation (ESF) koordiniert          und aus nationalen Beiträgen und Fördermitteln der EU finanziert.          Gegenwärtig liegt die Federführung bei Professor Heinrich Miller          vom Alfred-Wegener-Institut. Bereits im Dezember 2004 wurde die erste          Tiefbohrung des Projekts an der Station Dome Concordia auf dem Inlandeisplateau          der Ostantarktis fünf Meter oberhalb des Felsuntergrunds in einer          Tiefe von 3270 Metern beendet. Somit stehen nach Auswertung der Bohrung          an der Kohnen-Station zwei Datensätze zum Vergleich zur Verfügung,          was eine deutlich bessere Interpretation der Messwerte ermöglicht.
 Bremerhaven, den 20. Januar 2006
       
 
                     
                                         
                                         
                                         
                                         
                                         
                                         
                
            
             
                
            
             
                
            
             
                
            
             
                
            
            