Expedition

Einblicke in tiefe Strukturen des Ozeanbodens

Expedition mit Forschungsschiff SONNE führt Forschende zum Kerguelen Plateau
[15. Januar 2020] 

Eine Klimaschlüsselstelle im Indischen Ozean ist das Ziel der anstehenden Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE im Januar. Gabriele Uenzelmann-Neben vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) leitet die Expedition SO272. Mit an Bord sind auch Forschende des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen. 

Ziel der SONNE ist die Region des Kerguelen Plateaus, gelegen mitten im Indischen Ozean. Das Plateau gehört zu den Großen Magmatischen Provinzen (Large Igneous Provinces), Gebiete die aus gewaltigen Mengen an magmatischen Gesteinen bestehen.

Magma ist hier vor 50 bis 110 Millionen Jahren aus der Erdkruste gedrungen und hat sich abgelagert, überwiegend in Form von Flutbasalten. Solche Flutbasalte tragen eine große Menge an Treibhausgasen in die Atmosphäre und können dazu führen, dass global die Temperaturen steigen. Große Magmatische Provinzen sind klimarelevant, das ist unumstritten. Allerdings verstehen Forschende noch nicht vollständig, wie solche Provinzen und Plateaus entstanden sind.

Wichtiger für das Team an Bord des Forschungsschiffs SONNE ist aber zu verstehen, wie die Topographie des Plateaus untermeerische Strömungen beeinflusst – und über Jahrmillionen von Jahren beeinflusst hat. Hauptaugenmerk gilt – auch im globalen Zusammenhang betrachtet –dem Antarktischen Zirkumpolarstrom und dem Antarktischen Bodenwasser. Die Wassermassen fließen mit der Erdrotation und verbinden den Atlantischen, Pazifischen und Indischen Ozean. Das Kerguelen Plateau steht wie ein gigantisches Bollwerk im Weg der mächtigsten Ströme der Erde. Es ist mit einer Fläche von mehr als 1,2 Millionen Quadratkilometern etwa doppelt so groß wie Frankreich. 

„Das Plateau agiert wie ein Hindernis für die Strömungen. Sie werden durch das Plateau abgelenkt und formen dabei charakteristische Sedimentstrukturen im Untergrund. Wir bilden diese Strukturen ab und analysieren ihre Veränderungen im Laufe der Zeit. So erhalten wir Informationen über die Aktivität der Strömungen“, erklärt Fahrtleiterin Gabriele Ünzelmann-Neben vom AWI.

In den vergangenen 70 Millionen Jahren haben sich die Pfade des Wassers verändert – in ihrer Stärke, aber auch durch tektonische Veränderungen. Vor allem aber liegt das Gebiet des Kerguelen Plateau an einer Schlüsselstelle für globale Klimaveränderungen. Hier können die klimatischen Wechselwirkungen und Veränderungen zwischen Antarktis und niederen Breiten besonders gut studiert werden. Im Bereich des Kerguelen Plateaus sind Veränderungen in Strukturen, wie etwa den Driftsedimenten, sehr hochauflösend dokumentiert. Das bedeutet, dass sich während dieser Zeit viele Sedimente abgelagert haben. Dieses hochauflösende geologische Klimaarchiv ist Ziel der Expedition, das mit Schwerelotkernen beprobt werden soll. Seismische Untersuchungen, Schwerpunkt der Ausfahrt, sollen einen tiefen Einblick in die Strukturen verborgen im Meeresboden geben. Wichtige Erkenntnisse aus den neu gewonnen Daten sollen aber auch dazu beitragen, weitere internationale Forschungsprojekte in der klimatischen Schlüsselregion anzustoßen.

„Um globale Wechselwirkungen im Klima besser einzuschätzen, müssen wir an Schlüsselstellen des komplexen Erdsystems seine Geschichte möglichst genau rekonstruieren“, erklärt Thomas Westerhold vom MARUM. „Die SO272-Ausfahrt zum Kerguelen Plateau, im Verbund mit weiteren geplanten Forschungsexpeditionen, soll dazu dienen, ein besseres Verständnis der dynamischen Prozesse in hohen Breiten, die besonders sensible auf globale Veränderungen reagieren, zu erlangen.“

 

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Wissenschaft

Gabriele Uenzelmann-Neben
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