Mikroben nutzen Kohlenstoff aus uralten Gesteinen

[01. Juni 2023] 

Mikrobiellen Gemeinschaften im Meeressediment sind imstande, altes Material als Kohlenstoffquelle zu verwenden. Zwar präferieren sie frisches organisches Material, wenn davon aber nicht genügend vorhanden ist, nutzen Mikroben auch Kohlenstoff aus Gesteinen. Da bei diesem bakteriellen Metabolismus Treibhausgase frei werden, ist dieser Prozess eine zusätzliche Quelle fossiler Treibhausgase. Das ist das Ergebnis einer Studie unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geosciences erschienen ist.

Wird altes, aus organikreichen Gesteinen wie z.B. Kohle erodiertes, organisches Material, das aus schmelzenden Gletschern ins Meer gelangt, dort - wie lange angenommen – einfach wieder eingelagert? Oder kann es dort auch von Mikroben umgesetzt werden, wofür es in den letzten Jahren vermehrt Anzeichen gegeben hat? Diesen Fragen ging ein Team um Erstautor Manual Ruben vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und internationalen Partnerinstituten jetzt in Nature Geoscience nach. Dafür führten die Forschenden 14C-Analysen an organischen Biomarkern durch, die aus den Membranen lebender Mikroben stammen. Diese Biomarker wurden aus Sedimenten des Hornsunds extrahiert, dem südlichsten großen Fjord von Spitzbergen. Die in den Hornsund mündenden Gletscher haben sich über die letzten Dekaden mit dramatischer Geschwindigkeit zurückgezogen.

Heterotrophe Organismen bauen diejenige Kohlenstoffsignatur ein, die auch in ihrer Nahrung zu finden ist („you are what you eat“). Deshalb lässt sich anhand von 14C-Analysen an Biomarkern feststellen, ob diese Mikroben auch uraltes organisches Material metabolisieren. Das Forschungsteam konnte nachweisen, dass die mikrobiellen Gemeinschaften im Sediment zwar bevorzugt frisches organisches Material umsetzen, das beispielsweise ins Sediment gelangt, wenn Meeresalgen absterben und ihre Überreste zu Boden sinken. Wenn davon aber nicht genügend vorhanden ist, sind sie durchaus auch imstande, das alte Material als Kohlenstoffquelle zu verwenden, das durch immer schneller schmelzende Gletscher eingetragen wird. Die mikrobiellen Gemeinschaften, die in den Sedimenten des Hornsund leben, speisen sogar bis zu 50 % ihres Kohlenstoffumsatzes aus diesen fossilen, vermutlich schwer abbaubaren organischen Verbindungen. Bisher war davon ausgegangen worden, dass diese Verbindungen durch vorherige Abbauprozesse während Diagenese und Katagenese so inert sind, dass sie kaum umgesetzt werden können. Vor dem Hintergrund des Klimawandels könnte durch diesen Prozess abermals mehr fossiler Kohlenstoff in die Atmosphäre entweichen.

Beteiligte Institutionen:

  • Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
  • MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Uni Bremen
  • UiT The Arctic University of Norway
  • Adam Mickiewicz University in Poznań

Originalpublikation:

Manuel Ruben, Jens Hefter, Florence Schubotz, Walter Geibert, Martin Butzin, Torben Gentz, Hendrik Grotheer, Matthias Forwick, Witold Szczuciński, Gesine Mollenhauer: Fossil organic carbon utilization in marine Arctic fjord sediments; Nature Geosciences (2023). DOI: 10.1038/s41561-023-01198-z

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