PS119 - Wochenbericht Nr. 6 | 13. - 19. Mai 2019

Zum rauchenden Vulkan der Saunders Insel

[20. Mai 2019] 

Wie in der Woche zuvor verbrachten wir auch die 6. Woche im südlichsten Bereich der Südsandwich Platte vom Back-Arc Spreizungsrücken der Segmenten 8 und 9 im Westen bis zur Kemp Caldera. Die Vulkankette ist Teil der östlich anschließenden Kollisionszone mit der Südamerikanischen Platte. Ein Blick auf das Expeditionslogo zeigt symbolhaft den Spreizungsrücken auf der linken Seite und nach rechts folgend Vulkan, Fore-Arc-Bereich und Subduktionszone.

Die Wetterbedingungen, die von Sonntag bis Dienstagmorgen weitere Tauchgänge verhinderten, erlaubten uns erst wieder am Dienstag mit ROV QUEST zum Meeresboden abzutauchen. Die Zeit nutzen wir zum Einsatz andere Beprobungsgeräte. So haben wir am Sonntag, den 12. Mai, mit einem 3 m Schwerelot und einem Multicorer den tiefsten Bereich der Kemp Caldera beprobt. Die bis dahin vermessenen Parasoundprofile über den Krater zeigten im tiefsten Bereich geringmächtige Sedimentlagen an, deren mineralogische und chemische Zusammensetzung im Hinblick auf hydrothermale Einlagerungen von großem Interesse ist. Mit den Kerngeräten gelang es eine Sedimentabfolge von 230 cm zu beproben, die uns aufgrund ihrer Farben und unterschiedlichen Sedimentzusammensetzungen überraschte.

Reinste biogene Opalschlämme kamen zum Vorschein, die aus Diatomeen-Skeletten aufgebaut werden. Kieselalgen werden in großen Mengen im Oberflächenwasser des Südozeans südlich der Polarfront gebildet und ihre Skelette werden nach dem Absterben am Meeresboden im sogenannten Opalgürtel abgelagert. Besonders auffällig in unserem Kern sind Matten der Diatomeen-Gattung Thalassiotrix, welche als extrem nadelförmige Zellhüllen aus Biogenopal aufgebaut sind und bei monospezifischem Auftreten im Sedimentkern, wie nasse Papiertaschentücher aussehen. Die reinen Opalschlämme sind in einigen Abschnitten durch Metallsulfide stark verfärbt, sodass die Abfolge insgesamt die Hydrothermalaktiviät innerhalb der Caldera über die Zeit dokumentiert. Am Montag, den 13. Mai haben wir etwa 60 km westlich der Kemp Caldera an der östlichen Flanke von Rückensegment E8 Sedimente mit einem Kolbenlot beprobt (Abb. 2). Die Ablagerungen des 8,70 m langen Kernes haben hohe Anteile an vulkanischen Komponenten und unsere Geochemiker sind daran interessiert, den Einfluss hydrothermaler Aktivität und besonders die Eisengeochemie daran zu untersuchen. Aus diesem Interesse heraus werden im Abstand von jeweils 10 cm Porenwasserproben gewonnen, an denen Alkalinität und Eisenkonzentrationen bereits an Bord bestimmt werden. Die weiteren Nährstoffe und spezifische gelöste Komponenten werden nach der Reise in den Laboren der Heimatinstitute gemessen.

Am Dienstag, den 14. Mai stand die Kemp Caldera erneut im Mittelpunkt unserer Forschung. Es wurden mehrere CTD-Stationen mit Wasserschöpferbeprobungen nahe dem Hydrothermalgebiet, im Zentrum der Kraterstruktur und in ihrem Randbereich durchgeführt. Anhand der Anomalien in Trübung, Redoxpotential, Temperatur und im Methangehalt wollen wir den Einfluss des aktiven Hydrothermalgebietes auf die Meerwasserchemie untersuchen. Am Dienstag folgte dann ein ROV Tauchgang am nördlichen Rand der Kemp Caldera in 1100 m Wassertiefe an einer Lokation, an der wir mehrfach in der Wassersäule Gasblasenaustritte akustisch detektieren konnten. Beim Tauchen mit ROV QUEST konnten wir allerdings den Austritt der Gasblasen am Meeresboden nicht finden und haben uns auf die Beprobung von neu entdeckten Schornsteinen mit Fluidaustritten konzentriert. Ein Schwarzer Raucher (Abb. 3) dessen Fluidaustrittstemperatur bei 230° C lag, hatte einen hohen Eisengehalt und den bisher geringsten pH-Wert von 2,3, während ein zweiter Schornstein bei einer Temperatur von 200°C kaum
Eisen enthielt und einen pH von 5,5 zeigte. Erst die genaue Analyse der Fluide zuhause wird uns verraten, ob die Chemie der Fluide auch mit den Ausfällungsprodukten der Schornsteine im Einklang stehen.

Obwohl sich während der 3 Tauchgänge in der Kemp Caldera weitere Tauchzielwünsche ergeben haben, mussten wir im Hinblick auf weitere Ziele der Expedition am Mittwoch, den 15. Mai, die Kemp Caldera verlassen. Die Route führte uns in den nordwestlichen Bereich der Südsandwichpaltte, an den Inseln Leskov, Visokoi and Zavadovski vorbei in den Fore-Arc-Bereich. Es wurde ein OFOBS-Profil über einem Fore-Arc-High durchgeführt, um Indikatoren für mögliche kalte Quellen zu finden. Dort haben in früheren Jahren britische Wissenschaftler serpentinisierte Mantelgesteine gedredgt, die in anderen Meeresgebieten auch mit Fluidaustritten am Meeresboden assoziiert sind. In der Nacht ging es weiter nach Süden, wo wir am Morgen des 17. Mai die Vulkaninsel Saunders erreichten. Unsere Vulkanologen planten einen Besuch mit Probennahme und photogrammetrischer Vermessung durch Drohnenflüge. Aufgrund des Wetters, das sich im Laufe des Tages sehr verbesserte, konnten Drohnenvermessungsflüge von der Polarstern durchgeführt werden, vor allem nachdem Polarstern ihren Weg in die Cordelia Bucht fand und dort sehr nahe an die Insel heran kam (Abb. 4).

Ein weiterer Tauchgang in dem Hydrothermalgebiet E2 Süd konnte am Samstag, den 18. Mai sehr erfolgreich abgeschlossen werden, bevor sich das Wetter in der Nacht wesentlich verschlechterte. Da ein orkanartiger Sturm für die 2. Nachhälfte und den anschließenden Morgen angekündigt wurde, sind wir mit Polarstern in der Nacht nach Osten gedampft und haben uns am Sonntagmorgen in den Windschatten der Vulkaninsel Zavodovski zum Abwettern gelegt. Bei Windstärken 10 bis 11 mit gelegentlichen Spitzenwerten nach Beaufort 12 haben wir im Schutze der Insel 3-4 Meter hohe Wellen, während außerhalb z.T. über 8 m hohe Wellen abgeschätzt werden. Obwohl unser Schiff heute etwas mehr schaukelt als sonst, fühlen wir uns auf der Polarstern sicher und behütet. Allerdings sind zumindest zum Frühstück und Mittagessen nicht alle Wissenschaftler gesichtet worden.

Es grüßt im Namen aller Fahrtteilnehmer

Gerhard Bohrmann - FS POLARSTERN Sonntag, der 19. Mai 2019

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