Archiv der Pressemeldungen und Kurzmeldungen

PS94 Wochenbericht Nr. 7 | 28. September bis 4. Oktober 2015

Eisarmer Ernährungsplan für Ruderfußkrebse

[06. Oktober 2015] 

Wie werden die Arktischen Ökosysteme auf Klimaänderungen reagieren – was ändert sich durch den ungebrochenen Rückgang des sommerlichen Meereises? Diese Frage untersuchen unsere Biologen und beproben dazu Flora und Fauna im Eis, im Wasser und am Meeresboden. Zu unseren Transekten durch die Arktis gehören deshalb auch Netzfänge; und ein Teil des Wassers aus den Wasserschöpfern geht stets an die BiologInnen.

Einige Wasserschöpfer der Rosette werden immer in den obersten Wasserschichten geschlossen und aus dem abgezapften Wasser wird das Phytoplankton herausgefiltert. Pflanzliches Plankton (Phytoplankton) lebt dort, wo es Licht und Nährstoffe gibt, also in den obersten hundert Metern. Auch unter dem Eis ist es nicht dunkel – erst, wenn  Schnee auf dem Eis liegt, ist die Sicht irgendwann eingeschränkt. Auch die Nährstoffe, also der Dünger für das pflanzliche Plankton, hängen davon ab, wie sich das Eis verhält. Wenn es im Sommer schmilzt, bildet sich an der Oberfläche eine stark ausgesüßte Wasserschicht und der geringe Salzgehalt macht ihr Wasser spezifisch leichter. Dadurch wird die Vermischung mit nährstoffreichem Wasser aus größerer Tiefe schwieriger. In der obersten Schicht sind die Nährstoffe also irgendwann alle und das Phytoplankton wächst nicht weiter. Die Vermutung ist nun, dass im Zuge weiterer Erwärmung in der Arktis und damit mehr Eisschmelze im Sommer dieser Zustand von Nährstoffverarmung begünstigt wird. Das könnte einen Artenwandel begünstigen und zwar hin zu kleinerem Phytoplankton, das mit weniger Dünger auskommt.

Um das zu prüfen, will unser Phytoplanktonteam die Größenverteilung und die Artenverteilung kennen lernen. Also wird das Wasser erst mit einem groben Filter gesiebt, um die großen Plankter herauszufischen. Die werden dann unter dem Mikroskop bestimmt und später gewogen: wieviel Mikrogramm Kieselalgen pro Liter, wieviel Mikrogramm an Kalkschalenbildnern und so weiter. Dann wird zunehmend feiner gefiltert, bis die Organismen, z.B. Bakterien, zu klein sind, um unter dem Mikroskop bestimmt zu werden; dann hilft nur noch genetische Artenbestimmung weiter.

Das Zooplankton lebt über die gesamte Wassersäule verteilt. Es ernährt sich unter anderem von Phytoplanktonresten und von Exkrementen, die von Zooplanktonkollegen aus den Schichten darüber herabsinken. Zur Erfassung der Vertikalverteilung nutzen wir ein Multinetz und ein LOKI („Light frame On-site Key species Investigation“). Die neun Netze des „Multinetzes“ werden senkrecht durch die Wassersäule gezogen und in verschiedenen Tiefen geöffnet und geschlossen. Das LOKI fotografiert, während es gehievt wird, das Zooplankton direkt in der Wassersäule. Auch für das Zooplankton gibt es die Vermutung, dass aufgrund des veränderten Nahrungsangebots von oben die kleineren Arten auf Kosten der größeren profitieren. Um solche Hypothesen zu prüfen, ist die Datenlage noch sehr dünn. Um zwischenjährliche Schwankungen von langfristigen Trends zu unterscheiden, müssen wir wenigstens im Jahresabstand Messungen machen – in der nach wie vor schwer zugänglichen Arktis eine Herausforderung!

Am Samstag haben wir unseren Patienten sicher in Tromsoe abgeliefert und nun sind wir auf dem Weg in die Grönlandsee, um zwei Seaglider zu bergen und danach unseren letzten Schnitt am Eingang der Barentssee zu fahren.

 

Herzliche Grüße von Bord,

Ursula Schauer

Mit Hilfe von Juliane Riedel, Imke Petersen, Nicole Hildebrandt, Ksenia Kosobokova

 

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