Die Welt der Algen: Am Anfang wird gezählt

Algen lassen sich von niemandem täuschen: Verändern sich die Nährstoffzusammensetzungen in der Nordsee oder steigt die Wassertemperatur, reagiert das Phytoplankton nahezu zeitgleich. Aus diesem Grund nimmt die Crew des Helgoländer Forschungsbootes AADE bei jeder Ausfahrt auf die Helgoländer Reede nicht nur Wasserproben, sondern fischt auch nach Plankton, das im Anschluss haargenau untersucht wird. Wie kniffelig diese Aufgabe sein kann und welche Technik die Arbeit inzwischen erleichtert, lesen Sie hier.

Algen mögen es sonnig

Algen lieben das Sonnenlicht und vermehren sich deswegen vor allem im Frühling und Sommer. Im Winter sinkt ihre Zahl und Vielfalt, was sich auch in der Plankton-Statistik widerspiegelt. Benötigt Silvia Peters, biologisch-technische Assistentin am AWI-Standort Helgoland, in den Sommermonaten durchschnittlich drei Stunden, um die tägliche Planktonprobe von der Helgoländer Reede auszuzählen, verbringt sie im Winter nur etwa eine Stunde mit dieser Arbeit. In der dunklen Jahreszeit notiert sie dabei die Namen von etwa 20 verschiedenen Algenarten. Im Sommer, zum Höhepunkt der  Algenblüte, sind es 60 Arten und mehr, wobei die am stärksten vertretenen Arten auf Hunderttausende Algen pro Liter Wasser kommen. Im Winter gilt schon als "dominante Art", wer es pro Liter auf wenige tausend Algen bringt.

Als absolut rekordverdächtig ist Silvia Peters die Algenart Guinardia delicatula in Erinnerung geblieben. Einzelalgen dieser Art messen neun bis 22 Mikrometer im Zelldurchmesser – sind also winzig. Deswegen bildet Guinardia delicatula mit Vorliebe lange Algenketten (siehe Bild), deren einzelne Glieder Silvia Peters bei ihrer Analyse auch zählen muss. Der bisherige Kettenrekord liegt bei 126 Einzelalgen, die sich wie Perlen auf einer Schnur hintereinander gereiht hatten. Solche Algenkunstwerke schaffen es allerdings nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen bis unter das Mikroskop: Die Nordsee muss an diesem Tag möglichst spiegelglatt und die Crew des Forschungsbootes AADE bei der Probennahme besonders behutsam gewesen sein.

Übrigens: Jede Planktonprobe wird 15 Jahre lang aufgehoben. Auf diese Weise stellen die Wissenschaftler sicher, dass die Helgoland-Reede-Algenstatistik jederzeit überprüft und die Probe im Bedarfsfall noch einmal unter die "Lupe" genommen werden kann.

Mehr Durchblick mit neuer Technik

Heutzutage können AWI-Wissenschaftler deutlich mehr Algenarten bestimmen als noch in den Anfangsjahren der Helgoländer-Reede-Messreihe. Und das hat einen Grund: die technische Entwicklung. Wer Algenarten bestimmen will, deren Einzelzellen zum Großteil viel kleiner sind als ein Salzkorn, braucht leistungsstarke Mikroskope. „Mit unseren modernen Geräten sehen wir heute deutlich mehr, als mit jenen, die noch vor 20 Jahren im Einsatz waren. Das liegt daran, dass die Technik sich enorm weiterentwickelt hat und die neuen Mikroskope nicht nur deutlich lichtstärker sind, sondern auch viel bessere Linsen besitzen“, sagt Silvia Peters. Mit dem schärferen Blick sei es heute möglich, Algen von einander zu unterscheiden, bei denen man früher noch dachte, dass es sich um ein und dieselbe Art oder Gattung handelt.

Der Helgoland-Reede-Algencheck

Eine, vier oder fünf?

Vor welcher Herausforderung Silvia Peters jeden Tag steht, verdeutlicht unser kleiner Algentest. Die folgenden sechs Abbildungen zeigen Algen aus der Helgoland-Reede-Langzeitdatenreihe. Was meinen Sie: Wie viele verschiedene Arten zeigen wir hier in den sechs Abbildungen?

A) Eine. Alle Bilder stammen von Algen einer Art

B) Drei. Jeweils zwei Bilder zeigen ein und dieselbe Art

C) Fünf. Auf nur zwei der sechs Fotos ist ein und dieselbe Art zu sehen.

Zur Lösung des Rätsels fahren Sie mit dem Curser über die Fotos. Der Artname wird Ihnen dann angezeigt (der erste Teil bezeichnet die Gattung, der kleingeschriebene zweite definiert die Art).