Dirty Ice

Schmutzige Angelegenheit

Beim Gedanken an Meereis entstehen im Kopf Bilder mit viel Weiß. Doch das arktische Meereis ist stellenweise alles andere als strahlend weiß. Es ist grau, schwarz und schlammig. Es handelt sich dabei um Sedimentablagerungen, die vor allem aus der östlichen Arktis bei Sibirien kommen.

„Auf Expeditionen entdecken wir immer wieder solche dunklen Stellen: Auf dem Eis liegen Steine oder Muschelschalen, ja sogar Baumstämme stecken manchmal im Eis“, sagt AWI-Meereisökologin Dr. Ilka Peeken. Es handelt sich bei diesen Ablagerungen um Sedimente.

Zu einem Großteil kommen sie aus der östlichen Arktis bei Sibirien. In der dortigen Laptewsee wird das Meereis gebildet: „Es wird von den sibirischen Randmeeren in das Nordpolarmeer gedrückt und treibt dann Richtung Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen hinaus“, sagt Dr. Ilka Peeken. Dass dabei die Sedimente mitgeführt werden, hat verschiedene Ursachen.

Eine sind Überflutungen durch Flusswasser: Während der Frühjahrsschmelze trägt vor allem die Lena, einer der längsten Flüsse der Erde, große Wassermengen in den Arktischen Ozean – und dabei natürlich auch viel Schlamm und Geröll. Dieses spülen die Flüsse auf das Meereis in der Laptewsee. Andere Sedimente können vom Wasser aufgewirbelt werden oder bei einer Bodenberührung des Eises an dessen Unterseite anfrieren und dann mittransportiert werden.

Derartige Ablagerungen wurden schon in frühen Arktisexpeditionen Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts beobachtet. „Durch die Sediment-Bedeckung ist das Meereis an diesen Stellen natürlich dunkler und absorbiert deshalb mehr Sonnenlicht als weißes Eis“, erklärt AWI-Geologin Dr. Jutta Wollenburg. „Das schmutzige Eis erwärmt sich also stärker und schmilzt an diesen Stellen. Die eingeschlossenen Meereissedimente sinken auf den Meeresboden und lagern sich dort ab.“ Gleichzeitig verringert die Schmutzfracht im Eis die Durchlässigkeit für Licht. Dadurch können Algen, die im und unter dem Meereis leben und das Licht brauchen, schlechter wachsen.

Wertvoll kann das sogenannte „dirty ice“ für Wissenschaftler sein, um Strömungen und biogeochemische Prozesse im Arktischen Ozean besser zu verstehen. Marine Partikel transportieren Nährstoffe und viele Spurenelemente von dem Land in den Ozean. Viele dieser Elemente wie etwa Eisen spielen eine wichtige Rolle und sind notwendig für das Leben im Ozean. Anhand der Sedimente können Variationen der Eisdrift analysiert werden und Ablagerungsmuster auf dem Meeresboden interpretiert werden.

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