Archiv der Pressemeldungen und Kurzmeldungen

PS101 - Wochenbericht Nr. 6 | 16. Oktober bis 23. Oktober 2016

Auf Heimweg durchs Eis

[24. Oktober 2016] 

In der sechsten Woche der Expedition PS101 sind wir auf Heimweg durch das herbstliche Eis der Arktis nach Bremerhaven. Eine FRAM „Superbuoy“ Station will noch vor Einlaufen gerettet werden.

Es lagen gut 2000 nautische Meilen Heimweg zwischen unserem Untersuchungsgebiet, den Seebergen des Gakkelrücken bei 86°N und 60°O  - und Bremerhaven, dem Heimathafen von FS Polarstern. Davon 350 Meilen durch das herbstliche Eis. Die Mikrowellen-Satellitendaten zur Eisbedeckung auf unserem Heimweg zeigten schon eine weitgehend geschlossene Eisdecke, doch die hoch auflösenden Radarbilder von ESAs Satelliten Sentinel ließen hier und da noch Wege entlang frisch überfrorener Wasserkanälen um die wachsenden Schollen erkennen, die wir für eine rasche Heimfahrt nutzen konnten (Abb. 2)  Schon ab dem Nachmittag des 11.10. mussten wir die heißen Quellen und Schwammgärten des Gakkelrückens hinter uns lassen, um in Richtung Spitzbergen auf zu brechen. Nicht nur weil die Zeit drängte, um pünktlich in Bremerhaven anzukommen, sondern weil wir auch noch die Geräte einer großen Eisbojen-Station unseres FRAM Programms „Frontiers in Arctic Marine Monitoring“ bergen wollten, sowie frische Meeresbodensedimente vom Yermak-Plateau für die Foraminiferen-Forscher am AWI mitbringen.

Auch wenn die Schneewehen, immer wieder Nebel und die zunehmende Dunkelheit die Sicht auf unserem Transit zurück stark einschränkten, und Eiserkundungsflüge mit den Hubschraubern unmöglich waren, konnten wir recht gut vorankommen, mit im Schnitt 4-5 Knoten Fahrt durch das Eis. Zusätzlich zu der hervorragenden Eis-Erfahrung der Nautiker von FS Polarstern hatten wir diesmal auch hilfreiche Daten und Karten aus unserem neuen „IceGIS“ Meereis-Geoinformationssystem zur Verfügung und blieben so nicht einmal stecken.

Eine unserer letzten Aufgaben auf dieser Reise war, im dichten Eis nördlich von Spitzbergen eine sogenannte „Superbojen“-Station von einer großen mehrjährigen Eisscholle zu bergen. In 2015 auf der Reise PS94 wurde eine mächtige Scholle ausgesucht, um sie mit mehreren autonomen Bojen für die Bereiche Wetter, Eis und Ozeanforschung auszustatten (Abb. 3). So können wir Daten erhalten, auch wenn wir nicht  mit dem Schiff vor Ort sind. Normalerweise sind diese Bojen dann dem Untergang geweiht, sobald die Scholle in die Framstrasse driftet und letztendlich abschmilzt. Ohnehin sollen sie ja ihre Daten regelmäßig per Satelliten-Telegramm nach Hause schicken.

Doch diesmal wollten wir die Instrumente abholen, weil einige von ihnen zwar das Jahr über ihre Position vermeldet hatten, aber nicht die wertvollen wissenschaftlichen Daten. Noch gibt es für die Arktisforschung viel zu wenig Information über die Umweltbedingungen des arktischen Herbsts und Winters. Die Messgeräte der Superbojenstation tragen dazu bei, solche Fragen zu beantworten. Sie waren von ihrem Aussetzen in 2015 bis jetzt mit der  Transpolardrift weit gekommen. Und die Bojenstation lag so nah auf unserem Rückweg, dass wir uns entschlossen, aus dem Eis zu holen was ging. Mittels der stündlich gesendeten Koordinaten und einer Driftberechnung konnten wir uns der Scholle bis auf zwei Kilometer nähern, doch dann war Schluss. Denn die Scholle war noch 2 m dick und zwischen vielen anderen Schollen eingezwängt, so konnte das Schiff  nicht bis zu den Geräten durchbrechen. Als wir ankamen, war gerade wenig Wind und Schnee. Daher brach das Team der Meereisforscher sofort mit den Skidoos (Eisschlitten) auf, um die Geräte zu suchen. Das war nicht einfach, denn nach einem Jahr waren sie stark eingeschneit und daher schwer zu erkennen. Nach 3 h Suche war es soweit, ein neues GPS Signal der Bojen kam herein und wurde mit der Eisdrift korrigiert, dann konnten wir von Bord die Schatzsucher auf dem Eis per Sprechfunk an den richtigen Ort lenken. Insgesamt konnten sie dann drei von fünf Geräten bergen sowie alle Daten mitbringen, zwei weitere Bojen waren zu fest eingefroren (Abb. 4 +5).

Die zwei weiteren Aufgaben der letzten Stationsarbeiten der Reise PS101 wurden einen Tag später abgeschlossen. Zuerst konnten wir noch einen OFOS-Kameraschlitten Tauchgang am Eisrand nördlich von Spitzbergen durchführen. Im noch eisbedeckten Bereich des Nansen Beckens suchten wir einen steilen, felsigen Hang in ähnlichen Wassertiefen von mehreren hundert Metern, um die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften mit den Schwammgärten am Karasik Seeberg vergleichen zu können. Das OFOS überraschte uns noch einmal mit wunderschönen bunten Bildern vom Meeresboden (Abb 6+7).  Wir fanden eine Gemeinschaft aus filtrierenden Meerestieren mit verschiedenen Schwämmen, Seesternen, Muscheln und verschiedene Typen von Nesseltieren, einschließlich Korallen.

Auf den ersten Blick sah die Gemeinschaft zwar vielfältiger aus als die Schwammriffe des Karasik Seeberges – jedoch mit wesentlich geringeren Biomassen. Es bleibt eines der großen Rätsel für uns, welche Nahrungs- und Energiequellen die so reichen Lebensgemeinschaften der Seeberge am Gakkelrücken unterhalten. Wenn wir alle Proben ausgewertet haben, finden wir hoffentlich eine Antwort. Die gute Nachricht für die norwegischen Korallen-, Schwammgemeinschaften und Fische bei 80°N: wir sahen noch keine Spuren von Schleppnetzen. Als letzte Station der Reise wurde noch westlich von Spitzbergen am Rande des Yermak Plateaus Meeresboden Proben mit einem Multicorer (Abb. 8) genommen für die AWI Biogeochemie, die über Foraminiferen forscht.

Im Gegensatz zu den eisbedeckten Regionen waren hier viele Trawl-Spuren bis in Tiefen von 850 m zu verzeichnen. Am 17.10. waren dann alle Stationsarbeiten abgeschlossen, nur unsere En-Route (Unterwegs) Messungen setzten wir fort bis zum Morgen des 22. Oktober, einen Tag vor Einlaufen. Mit diesen Daten, die im Rahmen des FRAM Programms erhoben werden, testen und kalibrieren wir eine Reihe von autonomen Sensoren und Wasserprobennehmern. Dabei werden auch Daten für die Kalibrierung von Fernerkundungsdaten von Satelliten bereitgestellt. Zum Beispiel für solche, die die Farbe des Ozeanwassers und damit auch die Verteilung und Produktivität der Algen messen.

Der Transit zurück nach Bremerhaven dauerte bis zum frühen Morgen des 23. Oktober. Das Forschungsschiff Polarstern legte am 23.10. um 08:00 morgens  an der Pier der Lloyd Werft an. Die Expedition war für alle Fahrtteilnehmer ein voller Erfolg, wir kommen nun mit Kisten und Kästen voller Proben und Daten sehr gerne nach Hause. Im Namen aller Fahrtteilnehmer (Abb. 9) bedanken wir uns noch einmal herzlich bei Kapitän Schwarze und der Crew der Polarstern für die hervorragende Unterstützung bei den Arbeiten auf See und die gute Zusammenarbeit während der Expedition KARASIK (PS101).

 

Mit herzlichen Grüßen zum Abschied an ihre treuen Leser, die Fahrtteilnehmer und Antje Boetius

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