PS113 - Wochenbericht Nr. 3 | 21. – 27. Mai 2018

Fahrt durchs Blaue

[28. Mai 2018] 

Nachdem wir seit Einfahrt in die Tropen anfänglich noch im Bereich des Südostpassates unter meist wolkenlosem Himmel fuhren, war es in der zweiten Wochenhälfte überwiegend stark bewölkt und es regnete häufig. Wir befanden uns in der innertropischen Konvergenzzone, in der die vom Südostpassat und seinem nordhemisphärischen Gegenstück, dem Nordostpassat, herangeführten Luftmassen aufsteigen und dabei dicke und hochreichende Wolken bilden.

Jahreszeitlich bedingt ist die innertropische Konvergenz jetzt im Nordsommer ein paar Breitengrade vom Äquator aus nach Norden gerückt. Den Äquator überquerten wir am Morgen des 25. Mai. In der Nacht auf heute haben wir die Zone des Nordostpassates erreicht und erfreuen uns nun wieder strahlenden Sonnenscheins. Soviel zu den bereits durchfahrenen Klimazonen der Atmosphäre.

Im Ozean haben wir bislang meist Wüsten passiert. Sichtbares Kennzeichen der ozeanischen Wüsten ist das tiefblaue Meerwasser, dass wir schon seit dem 40. Breitengrad Süd durchfahren, seit mittlerweile also gut 6000 km Fahrstrecke. Solch tiefblaue Farbe hat Wasser, wenn es sehr rein ist. Und so rein ist es hier im offenen tropischen und subtropischen Ozean, weil mangels Nährstoffzufuhr von Land oder durch Auftrieb von Tiefenwasser kaum Wachstum von Phytoplankton, im Wasser schwebende Kleinstalgen, stattfindet. Im Zentrum des ozeanischen Subtropenwirbels zwischen 20° und 10° Süd konnten wir mittels der an CTD und Triaxus/topAWI-Schleppsystem installierten Fluorometern erkennen, dass erst in einer Tiefe von 140 m, in der wieder Nährstoffe aber kaum noch Sonnenlicht für Photosynthese vorhanden sind, ein wenig Chlorophyll vorhanden war. Da kaum Phytoplankton-Primärproduktion stattfindet, fehlt es dem gesamten marinen Nahrungsnetz an Grundlage. So ist es nicht verwunderlich, dass wir über Tage hinweg keinen einzigen Seevogel gesehen haben - und Wale noch länger nicht. Lediglich kleine Schwärme fliegender Fische waren hin und wieder zu sehen.

Die optischen Eigenschaften des Wassers, dessen Änderung hinsichtlich Stärke und Farbe mit der Tiefe sowie der Einfluss der Phytoplankton-Konzentration und -Artenzusammensetzung darauf, sind Arbeitsschwerpunkt der Phytooptik-Gruppe. Genaue Kenntnisse, wie sich das Licht im Wasser ändert und mit welcher Intensität und Farbe es wieder in die Luft zurückgestreut wird, sind zudem notwendig, um die Satelliten-Fernerkundung von Phytoplankton zu verbessern. Die Phytooptik-Gruppe entwickelt dazu robuste Algorithmen, die es ermöglichen, mit hoher zeitlicher (täglich) und räumlicher (300 m) Auflösung nahezu kontinuierliche globale Karten zur Menge und Zusammensetzung von Phytoplankton und seiner Abbauprodukte aus Satelliten-Messungen zu erstellen.

Täglich um die Mittagszeit wird mit einem Optik-Sondenpaket direkt neben dem Schiff bis zu maximal 150 m Tiefe ein Vertikalprofil aufgezeichnet. Dabei misst ein RAMSES genanntes Hyperspektralradiometer die Farbe und Stärke des von oben einfallenden Sonnenlichts im Meer. Mit einem Spektralphotometer, Typ ACS, werden Absorption und Streuung bestimmt. Zur Kalibration dieser optischen Messungen werden anhand von Wasserproben, die mittels CTD-Wasserschöpfern aus sechs verschiedenen Tiefen innerhalb der lichtdurchflutenden oberen Ozeanschicht genommen werden, die Zusammensetzung der Pigmente und die optischen Eigenschaften der unterschiedlichen Bestandteile des Wassers bestimmt. Die bisherigen Auswertungen deuten darauf hin, dass nahe der argentinischen Küste das Phytoplankton am zahlreichsten ist, von Kieselalgen dominiert wird und vor allem in den oberen 20 m wächst. In den warmen (>28°C) und salzigen subtropischen Gewässern bei 15°S gibt es dagegen nur ein Zehntel an Algen im Vergleich zur argentinischen Küste. Stattdessen wachsen diese (vor allem Blaualgen) am besten in 140 m Tiefe.

Ein RAMSES und ein ACS sind auch im geschleppten Triaxus installiert. Ein Vorteil dieser Messungen vom geschleppten Messystem aus ist, dass sie fern von Schiffseinflüssen und mit wesentlich höherer Datenrate durchgeführt werden können. Ein Nachteil könnte sein, dass die Datenqualität eventuell niedriger ist, weil Triaxus mit meistens 4 m/s horizontal und 1 m/s vertikal sehr viel schneller durchs Wasser gezogen wird als das Optik-Sondenpaket vom Schiff aus hinuntergelassen und wieder heraufgeholt wird. Die Auswirkung der schnellen Messungen auf die Datenqualität muss durch Vergleich der beiden Messverfahren ermittelt werden.

Eine weiteres ACS-Instrument misst kontinuierlich die Streu- und Absorptionseigenschaften des Oberflächenwassers, das in Kieltiefe des Schiffes angesaugt und über einen Seewasserkreislauf in die Labore geleitet wird. Auch diese Daten werden regelmäßig mit direkten Messungen an Wasserproben kalibriert. Aus diesen kontinuierlichen optischen Messungen lässt sich die Menge und Zusammensetzung des Phytoplanktons ableiten. Mit diesem Datensatz können später mehrere tausende Pixel von Satellitendaten validiert werden.

 

Im Namen aller Fahrteilnehmer und Teilnehmerinnen sende ich viele Grüße von Bord Polarstern.  

 

Volker Strass

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