PS124 - Wochenbericht Nr. 1 | 01. - 07. Februar 2021

Wir sind dann mal weg!

[08. Februar 2021] 

Bevor ich mit den nun wöchentlich erscheinenden Berichten beginne, möchte ich mich im Namen aller COSMUS Teilnehmer bei den Mitarbeiter*innen der Logistik des Alfred Wegener Instituts (AWI) bedanken, da nur durch deren unermüdlichen Einsatz die Durchführung der Expedition möglich geworden ist.

Von unserer rekordträchtigen Anreise zu den Falklands wurde ausführlich in den Medien berichtet. Daher wäre nur hinzu zu fügen, dass dieser lange Langstreckenflug ca. 12 Stunden früher als ursprünglich geplant beginnt und wir uns schon am Morgen des 2. Februars auf dem Anflug auf Mount Pleasant befinden, wo wir trotz starken Gegenwindes nach 13 452 Kilometern um 9:15 Uhr Ortszeit seicht aufsetzen. Zuvor ist jedoch die Freude groß, dass unser Zuhause der kommenden 8 ½ Wochen, die Polarstern, in der Bucht vor Port Stanley schon auf uns wartet (Foto 1).

Nach schnellem Durchreichen am Flughafen und einstündigem Bustransfer durch eine karge Landschaft stehen wir an der windigen Pier in Port Stanley und warten auf eines der Shuttleboote, die nur den schaukligen Transport kleiner Gruppen erlauben. Gegen 14 Uhr klettert die letzte Teilnehmerin über die Lotsenleiter an Bord – Erinnerungen an das Ausbooten vor Helgoland werden wach - und bezieht mit ihrem Gepäck versehen die Kabine. Der einzige offizielle Termin an diesem Tag ist die Feueralarm-Übung (Stellmanöver), die uns alle mit einer orangenen Krause um den Hals, auch Schwimmweste genannt, auf dem Hubschrauberdeck wieder vereint. 

Von ‚jet-lack‘ oder Eingewöhnungsphase ist am folgenden Tag nichts zu spüren, denn die ersten Labor- und Frachtcontainer in der vorderen Ladeluke werden geöffnet. Jeder möchte den noch relativ festen Untergrund nutzen, um Labore einzurichten und die Forschungsgeräte auf ihren Einsatz vorzubereiten (Foto 2). So bleibt fast unbemerkt, dass seit den Morgenstunden ein Tankschiff an unserer Steuerbordseite liegt, um in den kommenden 20 Stunden ca. 2000 t Diesel an Polarstern zu übergeben.

Das ameisige Treiben findet am Nachmittag des 3. Februars ein jähes Ende. Eine Lücke im Band der stürmischen Tiefdruckgebiete möchte der Kapitän nutzen, um einigermaßen niederwellig die Drake Passage – die Meeresenge zwischen Kap Horn und der Antarktischen Halbinsel - zu queren. Um 17 Uhr machen sich 52 Wissenschaftler und 44 Besatzungsmitglieder auf den ca. 11 000 km langen Weg von Port Stanley über das südliche Weddellmeer nach Port Stanley. In den ‚Furious Fifties‘ verschwindet dann und wann auch schon mal ein Gerät in den tiefen Wellentälern des Südozeans: FLOATs - autonome ozeanographische ‚one-way‘-Sonden, die ihre Messdaten aus der Wassersäule über Satellit in die Heimat senden bis die Batterien ermüden.

Die Erfahrung des Kapitäns macht sich bezahlt, denn schon im Laufe des folgenden Tages beruhigt sich die See. Das emsige Treiben beginnt erneut, da nun auch die Container auf dem Arbeitsdeck bewegt und entladen werden können (Foto 3); neues Futter für die schier unersättlichen Labor- und Geräteräume. Dabei ist es erstaunlich, dass nur Weniges vermisst wird. Die geistige Spannung reicht sogar aus, um am Abend die schon in der Quarantäne begonnene Seminarserie in Kinoraum der Polarstern fortzusetzten.

Am Morgen des 5. Februars überqueren wir bei leichtem Schneefall den 60-sten südlichen Breitengrad und betreten somit die Antarktische Schutzzone. Je weiter wir nach Süden vordringen, um so öfter werden nun Pelzrobben, Zügelpinguine, Zwerg- und Finnwale gesichtet und am Horizont tauchen die ersten eisigen Zeugen des Antarktischen Eisschildes auf. Die Aufgabe der folgenden Tage besteht nun darin, die vor uns liegende Stationsarbeit im Detail – PERPLEX sei Dank - zu organisieren, denn die multidisziplinäre Zusammensetzung des wissenschaftlichen Teams erfordert einige Koordination, um interdisziplinäre Erfolge zu erzielen.

Nach all den Anstrengungen der vergangenen Tage belohnt sich am Sonnabend jeder mit einem Besuch des Zillertals, um sich in geselliger Runde auch über den spärlichen Schnee hier und den Massen daheim zu wundern.

PS124 grüßt erwartungsfroh und voller Tatendrang aus dem Weddellmeer – seit mehr als einem Jahrhundert das Ziel vieler Antarktisexpeditionen.

Hartmut Hellmer, Fahrtleiter

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