Gerrit Lohmann, Leiter der Sektion „Dynamik des Paläoklimas“

Ohne Modelle können wir die Zusammenhänge im System nicht verstehen und auch ­keine Phänomene erklären.

Ich arbeite mit Erdsystemmodellen. Dabei kommt es mir darauf an, dass wir die Bandbreite der Lösungen und Unsicherheiten im Klimasystem und damit seine Variabilität über Zeiträume von Abermillionen Jahren verstehen. Letztere beinhaltet den Wechsel zwischen ­­Eis- und Warmzeiten, die Klima­sensitivität gegenüber externen Störungen und die Klimatrends der zurückliegenden Jahrtausende. Außerdem entwickeln wir Prognosen für bislang unbeobachtete Größen oder machen ­Abschätzungen für künftige Klima­zustände. Wir versuchen, die Erdsystemmodelle auf allen Zeitskalen einzusetzen – von der Vergangenheit bis hin zur Zukunft. Je nach Fragestellung berücksichtigen wir neue ­Klimakomponenten. Neuerdings setzen wir zum Beispiel Eisschildmodelle ein, die etwas über den Meeresspiegel aussagen. Faszinierend finde ich, die Rück­­kopplungen im Erdsystem zu verstehen. Aus Modellen entwickeln wir neue Ideen und Hypothesen, die wir dann testen. Dazu muss man nicht nur das Modell verstehen, sondern sich ­auch geeignete Randbedingungen und Simula­tionen überlegen.

Dörthe Handorf, Sektion „Physik der Atmosphäre“

Wir brauchen außerdem vereinfachte Klimamodelle, welche uns erlauben, einige der zusätzlichen Einflussfaktoren zu separieren.

Ein Schwerpunkt meiner Forschung ist die Frage, wie die dramatischen Klimaänderungen in der Arktis mit dem Wetter und Klima in Mitteleuropa verbunden sind. Das Schwierige an diesen Wechsel­wirkungen ist, dass neben den arktischen Faktoren zum Beispiel ­auch Änderungen in den Tropen und die interne Variabilität des Klimasystems einen Einfluss ausüben. Wenn wir dessen Ausmaß abschätzen wollen, reicht es nicht, unsere Beobachtungsdaten zu analysieren oder es mit hochkomplexen Klimamodellen zu berechnen. Wir arbeiten dabei mit einem vereinfachten atmosphärischen Modell der Nordhemisphäre, welches trotz seiner Einfachheit die Variabilität der großräumigen atmosphärischen Strömung sehr gut simuliert. ­In den neuesten Modellexperimenten konnten wir zeigen, dass das Modell auf die Erwärmung der Arktis mit Änderungen dieser Strömung reagiert. Sie sind wiederum tatsächlich mit einem häufigeren Auftreten kälterer Winter über Mitteleuropa verbunden. Die Dynamik der Atmosphäre spielt demzufolge eine wichtige Rolle für die Wechsel­wirkungen zwischen der Arktis und den mittleren Breiten.

Claudia Wekerle, Sektion „Physikalische Ozeanographie“

Gelingt es uns, die vergangenen und gegenwärtigen Prozesse in der Framstraße realistisch zu simulieren, können wir auch Zukunftsprojektionen berechnen.

Ich arbeite mit FESOM, dem Finite-Element-Sea ice-Ocean-Model, das auf sehr verschiedenen Zeitskalen eingesetzt wird, von Paleoklima-Simulationen bis zu Zukunftsprojektionen. Dieses Modell wurde und wird in der AWI-Sektion Klimadynamik entwickelt. Anders als traditionelle Ozeanmodelle, welche auf strukturierten Gittern basieren, simuliert FESOM die Ozeanströmungen, Hydrografie und das Meereis auf unstrukturierten Gittern basierend auf Dreiecken. Ich benutze FESOM, um die Zirkulation in der Framstraße zu simulieren. Diese liegt zwischen Grönland und Spitzbergen und ist eine der wichtigsten Verbindungen zwischen dem Arktischen Ozean und dem Nordatlantik. In den letzten Jahren gab es dort einen starken Rückgang des arktischen Meereises. Außerdem wurde mehr warmes und salziges Atlantikwasser in die Arktis transportiert. Modellierung hilft uns, die dafür verantwort­­­lichen Prozesse und den Austausch von Wassermassen durch diese wichtige Wasserstraße besser zu verstehen. Mich fasziniert FESOM, weil es durch die unstrukturierte Gitterfunktionalität sehr flexibel eingesetzt werden kann. Besonders wichtige Gebiete wie z.B. enge Meeresstraßen können wir so hoch auflösen und obendrein Computerressourcen effektiv nutzen.

Annette Rinke, Sektion „Physik der Atmosphäre“

Mich interessiert zum Beispiel gerade ein möglicher wechselseitiger Zusammenhang zwischen extremen Stürmen und Meereisänderungen.

Ich arbeite mit einem regionalen Klimamodell für die Arktis. Dieses Modell umfasst mehrere Komponenten: die Atmosphäre, das Meereis, den Ozean und das Land. Simulationen mit diesem Modell helfen, das arktische Klima, seine Variabilität und Trends (z. B. die arktische Verstärkung) in den zurückliegenden40 Jahren zu interpretieren und mehr über die verschiedenen Rückkopplungsprozesse zu lernen. Ich nutze das Modell auch, um zukünftige Klimaszenarien für die Arktis zu rechnen. Daran sind aufgrund der ausgeprägten Erwärmung und der zunehmenden arktischen Industrialisierung Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft interessiert. Mich begeistern die unendlichen „Spielmöglich­keiten“ mit dem Modell. Sie erlauben es uns, die komplexen Klimaprozesse immer ein klein bisschen besser zu verstehen.