PS111 - Wochenbericht Nr. 6 | 24. Februar - 2. März 2018

Vom Nordprofil nach Halley Bay

[05. März 2018] 

Ein in dieser Woche bearbeitetes drittes Beprobungsprofil deckt auch den nördlichen Teil des Filchnergrabens ab. Mit Netzfängen, Wasserproben und kurzen Sedimentkernen waren alle Gruppen auf dem Schiff umfassend und 24 Stunden am Tag beschäftigt.

Der Multicorer (MUC) versorgt mehrere Gruppen mit Probenmaterial. Er liefert weitgehend ungestört die Grenzfläche Meer/Meeresboden, bestehend aus einigen Dezimetern Sediment inkl. dem überstehenden Bodenwasser. Die 12 Einzelkerne von 6 cm Durchmesser werden unter den Interessenten aufgeteilt und an Bord in Unterproben zerlegt.

Die Nachwuchsgruppe PALICE rekonstruiert die Paläo Meereisbedeckung aus dem Sediment. Ein in Scheiben zerlegter 30-40 cm langer MUC-Kern deckt Zeiträume bis zu vielen tausend Jahren ab. Die sogenannten Biomarker kommen in Algen vor, die an der Unterseite des Meereises leben. Nach dem Absterben werden sie Teil des Sedimentes. Sie stehen damit stellvertretend für die Verbreitung des Meereises in der Vergangenheit.

Ein weiteres Rohr ist längs gelocht. Über ein poröses Stäbchen kann so ein Porenwasserprofil in Schritten von 1 cm mit Spritzen extrahiert werden. Auch hier erfolgt die eigentliche chemische Analyse im AWI. Die Verteilung von Nährstoffen und Spurenelementen liefert Informationen, wie sauerstoffreich das Sediment ist und ob es das für Planktonblüten benötigte Eisen freisetzen kann.

Die Isotopengeochemiker an Bord untersuchen die Spurenmetalle Blei und Neodym im MUC-Kernprofil zur Rekonstruktion des Eis- und Schmelzwassereintrags ins Weddellmeer.

Die Herkunftssignatur dieser seltenen Elemente ist geprägt durch die Zusammensetzung des von Eis bedeckten geologischen Hinterlandes. Die Bleiproben müssen aufwändig in Argon-Schutzatmosphäre entnommen werden, um Verunreinigungen zu vermeiden. Die aus den Proben zentrifugierte Porenwasserlösung wird im Labor am GEOMAR analysiert.

An weiteren MUC-Kernen wurden Sauerstoffprofile gemessen und mikrobielle Zehrungsraten ermittelt. Sedimentkerne wurden an Bord 2 Tage inkubiert und die Abnahme der Sauerstoffkonzentrationen als Maß für die Atmung der im Boden lebenden Organismen ermittelt. Die Ergebnisse können mit der Produktivität an der Oberfläche und den generellen Umweltbedingungen (Sediment, Meereis) in Beziehung gesetzt werden.

Die Meereisphysik studierte mit dem Helikopter die Dicke des sogenannten Festeises - das am Schelfeis angewachsene mehrjährige Meereis. Größere Flächen werden mit einer elektromagnetischen Sonde (EM Bird) durch profilierende Überfliegung vermessen. Die Sonde lieferte auf fünf Flügen erstmalig Daten über die Festeisdicken-Verteilung vor der Berkner Insel.

Die Besenderung der Schollen wurde diese Woche abgeschlossen, alle Geräte wurden erfolgreich ausgebracht und liefern bereits Daten per Satellit. Die Meereisgruppe ist von ihrem letzten Einsatz inzwischen auch wieder aufgetaut. Sie hatte 5 Stunden bei starkem Wind mit gefühlten -50 Grad und Schneedrift gearbeitet, um eine letzte Schneeboje, zwei Eis-Massenbilanz-Bojen, eine Strahlungsstation sowie sogenannte Salz- und Lichtharfen auf einer Scholle zu installieren.

Das Meereis wollte diese Woche auch das Schiff noch nicht ganz loslassen. Es wird Winter und bei Tagestemperaturen von -15 bis -25°C mit z.T. Wind von 6-7 Beaufort frieren die letzten offenen Wasserflächen zu. Schneetreiben verdeckt das Neueis, so dass Polarstern häufig durch eine bis zum Horizont geschlossene Eisdecke fährt. Dank der eiserfahrenen Nautiker geschieht dies problemlos unter dem ständigen Navigieren entlang einer Route mit möglichst geringem Eiswiderstand und damit Spritverbrauch.

Am Freitag endet die Stationsarbeit vor Halley und es steigen 16 Personen zu; zwei Pistenbullis, Schlitten und Container werden eingeladen. Richtung Endhafen Punta Arenas besteht das wissenschaftliche Programm weiterhin aus der Vermessung des Meeresbodens mit Fächer- und Sedimentecholot.

Mit Beiträgen von Maria-Elena Vorrath, Claudia Hanfland, Marcus Gutjahr und Claudio Richter zur Bearbeitung der Multicorer Sedimentkerne.

 

Viele Grüße sendet PS111

Michael Schröder

Fahrtleiter

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