PS118 - Wochenbericht Nr. 6 | 18. - 24. März2019

Powell Becken

[25. März 2019] 

Nachdem wir das Meereis des Weddellmeeres verlassen hatten, haben wir die vergangene Woche in freiem Wasser und losem Meereis im Powell Becken verbracht, eine kleine bathymetrische Vermessung durchgeführt, einen Lander aufgesetzt, ozeanographische Transekte abgearbeitet und biologische und geologische Proben genommen.

Jetzt wo sich Polarstern frei im offenen Wasser und zwischen losen Eisschollen bewegen kann, kommen Daten und Proben zügig an Bord und lassen keine Langeweile aufkommen. Die verbleibenden zweieinhalb Wochen wollen wir daher nutzen, um so viel Daten- und Probenmaterial zu gewinnen wie möglich.

Nachdem wir erst einmal das Weddellmeer verlassen hatten, wurde die Fahrtplanung erheblich einfacher. Distanzen und Dauer ließen sich auf einmal deutlich besser korrelieren. Im Meereis des Weddellmeeres war dies fast unmöglich gewesen. Durch Wind und Gezeiten veränderte sich das Eis kontinuierlich, so dass sich immer wieder Presseisrücken bildeten oder Leads öffneten. Das hatte zur Folge, dass uns immer wieder Wände aus Eis den Weg versperrten oder wir wie in einem Kanal durch das Eis fahren konnten. Verglichen mit der Zeit im Weddellmeer sind unsere Arbeiten in der letzten Woche im Powell Becken deutlich besser planbar und vorhersehbar geworden.

Auf dem Weg ins Powell Becken haben wir als erstes einen Lander auf dem Schelf auf halber Strecke zwischen der Antarktischen Halbinsel und dem Powell Becken abgesetzt. Ein Lander ist ein Gerät, das, auf dem Meeresboden abgesetzt, selbständig Proben nehmen und Daten aufzeichnen kann, bis es wieder eingesammelt wird. Anschließend haben wir das westliche Ende des Süd-Scotia Rückens bathymetrisch vermessen. Es handelt sich dabei um einen tektonischen Rücken, der unter Wasser die Antarktische Halbinsel mit dem Süd-Orkney-Mikrokontinent verbindet und dadurch das Powell Becken vom Scotia Meer abtrennt. Wir haben diesen Rücken als Zielgebiet ausgewählt, da er eine ausgeprägte Topographie mit Canyons, zerklüfteten Hängen und sedimentgefüllten Canyonsolen hat. Diese komplexe Topographie kann zur Folge haben, dass sich Habitate und lokale Ökosysteme relativ kleinräumig ändern. Unsere Ergebnisse wiederum tragen zu einem besseren Verständnis über die Verteilung der Lebensräume im Bereich der Antarktischen Halbinsel bei. Für die Ozeanographie bildet der Rücken die nördliche Begrenzung für Bodenwassermassen aus dem Weddellmeer, die von Südosten in das Powell Becken einströmen und dann im Uhrzeigersinn durch das abgeschlossene Becken fließen. Auf diese Weise trennt er die Wassermassen des Weddellmeeres von denen des pazifischen Südozeans im Westen.

Nach einer ersten Vermessung am westlichen Endes des Rückens, brachten wir einen Glider aus. Ein Glider gleicht einem kleinen Torpedo und tauch, nur durch Veränderung des Auftriebs, durch die Wassersäule auf und ab, während er kontinuierlich Daten misst. Danach wurde vom Rücken bis ins Becken ein Ozeanographieprofil abgefahren. An der am weitesten im Becken gelegenen Station wurden zusätzlich Sedimentproben genommen. Nach der Probennahme, setzten wir das Ozeanographieprofil nach Südwesten auf den Schelf fort, bis in die Nähe der Landerposition. Mit diesen Profilen lassen sich die unterschiedlichen Wassermassen im Powell Becken charakterisieren und wir bekommen eine Momentaufnahme der ozeanographischen Bedingungen in einem ozeanographisch wenig untersuchten Gebiet des Südozeans.

Zurück auf dem Schelf haben wir den Lander wieder aufgenommen und biologische Beprobungsarbeiten an dieser Station durchgeführt. Damit ist die letzte Station des Biologietransekts, das im Weddellmeer begonnen hat und in früheren Wochenberichten erwähnt worden ist, abgeschlossen. Alle kommenden biologischen Arbeiten werden opportunistische Probennahmen an interessanten Lokationen sein.

So wie es aussieht, sollte an solchen Lokationen kein Mangel herrschen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag haben wir einen ausgedehnten OFOBS Survey auf den Hängen des Süd-Scotia Rückens durchgeführt. Schon auf den ersten Blick ist klargeworden, dass die Hänge dieses Rückens vor Leben strotzen! Das zerklüftete Gelände mit nahezu senkrechten Wänden, Terrassen und Klüften ist fast überall von Schwämmen, Schlangensternen, Korallen und anderen Lebewesen überwuchert und besiedelt. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass es ein ziemliches Privileg ist, der erste zu sein, der einen Blick auf diesen viele hundert Meter tiefen Meeresboden erhaschen kann. An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an das Schiff und besonders die Windenfahrer, die den OFOBS Einsatz hervorragend unterstützt haben, in dem sie OFOBS unbeschadet durch wirklich raues und anspruchsvolles Terrain geflogen haben.

Neben unseren wissenschaftlichen Arbeiten bleibt auch Zeit, die Aussicht auf Clarence Island und die faszinierenden Begegnungen mit Buckelwalen, die bis dicht an das Schiff geschwommen kommen, zu genießen. Ich für meinen Teil kann definitiv zustimmen, dass Wale glücklich machen!

In der Zwischenzeit haben auch schon die Vorbereitungen für unsere Rückkehr begonnen. Packlisten müssen zusammengestellt und ein Fahrtbericht muss geschrieben werden. Nichtdestotrotz haben wir noch mehr als 10 Tage Zeit für Wissenschaft, und ich vermute wir werden beschäftig sein, diese Zeit zu nutzen.

 

Umgeben von Walen schicke ich im Namen aller Expeditionsteilnehmer viele Grüße aus dem Powell Becken.

Boris Dorschel

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