Pressemitteilung

Globale Forschung in Atmosphäre und Meer

[17. Oktober 2003] 

Polarstern startet in die Antarktis
Am Mittwoch, den 22. Oktober 2003, bricht der Forschungseisbrecher „Polarstern“ des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) zu seiner 21. Antarktis-Expedition auf. Auf dem Programm stehen Untersuchungen zur Zerstörung der globalen Ozonschicht und die Erforschung von Lebensgemeinschaften des antarktischen Meeresbodens.

Quer über den Globus
Der erste Fahrtabschnitt führt dreißig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie vierzig Besatzungsmitglieder nach Kapstadt in Südafrika. Auf dem 6500 Seemeilen langen Weg dorthin durchquert das Schiff auf dem Atlantik große Bereiche der Nord- und Südhemisphäre.
Das bietet Gelegenheit wichtige Erkenntnisse über die Verteilung von atmosphärischen Spurenstoffen in den beiden Hemisphären zu gewinnen. Ein Schwerpunkt der Untersuchungen bilden dabei so genannte Organohalogenverbindungen, die bei der Ozonzerstörung eine wichtige Rolle spielen. Die stratosphärische Ozonschicht selbst wird während der gesamten Fahrt täglich vom Schiff aus mit Ozonsonden bis in eine Höhe von dreißig Kilometern gemessen. Die auf der Erdoberfläche ankommende UV-B Strahlung wird ebenfalls bestimmt. Ziel ist die Erforschung des stratosphärischen Ozonabbaus sowie der daraus resultierenden erhöhten solaren UV-B Strahlung.
Zur Untersuchung der Klimawirksamkeit von Aerosolpartikeln werden mit einem Laser-System Zirruswolken und, entlang der westafrikanischen Küste, die Verteilung des Saharastaubs in der Troposphäre gemessen. Mehrere Messsysteme an Bord dienen zur Validierung von Instrumenten die auf dem Umweltsatelliten ENVISAT installiert sind und ebenfalls Spurengase messen. Der erste Fahrtabschnitt endet am 15. November 2003 in Kapstadt.

Antarktisches Schelfmeer
Sechzig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind an Bord, wenn „Polarstern“ am 17. November von Kapstadt aus in die Antarktis aufbricht. Ein wichtiger Teil dieser Reise umfasst die Versorgung der Antarktis-Stationen „Neumayer“ und „Kohnen“. Materialien, Versorgungsgüter und Weihnachtspäckchen für die zehn Überwinterer, die seit vergangenem Februar auf der Neumayer-Station arbeiten, sind bereits in Bremerhaven eingeladen worden. Ende November soll das Schiff an der Atkabucht bei Neumayer eintreffen und, wenn das Eis es zulässt, entladen werden.
Die wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Fahrtabschnitt konzentrieren sich auf das Ökosystem des antarktischen Schelfs. Als Schelf wird der flache, küstennahe Teil des Meeres bezeichnet. Hier gibt es am Boden artenreiche Lebensgemeinschaften aus Schwämmen, Krebsen, Würmern, Seesternen und Fischen, die in ihrer Struktur Korallenriffen ähneln. Die riesigen Eisberge der Antarktis mit ihrem Tiefgang von bis zu dreihundert Metern sind eine ständige Gefahr für das Leben an entsprechend "flachen" Stellen des Schelfs. Ein strandender Eisberg wirkt wie eine Planierraupe und richtet großflächige Zerstörungen an. Der ständige Wechsel zwischen Zerstörung und Wiederbesiedlung solcher Flächen ist ein typisches Merkmal dieser Lebensgemeinschaften des Schelfs. Die Art und die Geschwindigkeit der Wiederbesiedlung sagen viel über Empfindlichkeit und Erholungsfähigkeit polarer Ökosysteme aus.
Mit Hilfe von Satelliten sowie mit dem Schiffsradar und vom Helikopter aus werden Drift und Strandungen von Eisbergen sowie Veränderungen der Schelfeiskante beobachtet. Um den Prozess der Wiederbesiedlung besser zu verstehen, planen die Wissenschaftler ein Experiment, das die Störung durch einen Eisberg simuliert. Die Lebensgemeinschaft eines begrenzten Gebiets von einigen hundert Quadratmetern wird zuerst genau analysiert und dann gezielt und kontrolliert durch den Einsatz schwerer Schleppnetze zerstört. Die anschließende Entwicklung der Fauna soll alle zwei Jahre bei Folgeexpeditionen untersucht werden. Damit werden erstmals Zeitskalen und Mechanismen der Wiederbesiedelung sichtbar. „Wenn wir diese Prozesse verstehen“, so AWI-Biologe Dr. Thomas Brey, „können wir vorhersagen, wie polare Ökosysteme auf Klimaveränderungen reagieren werden.“

Am 18. Januar 2004 läuft „Polarstern“ wieder in Kapstadt ein. Zwei weitere Fahrtabschnitte werden sie erneut in antarktische Gewässer führen, ehe es wieder nach Norden geht: Erst am 2. Juni 2004 kommt „Polarstern“ wieder nach Bremerhaven zurück.


Bremerhaven, 17. Oktober 2003

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Das Institut

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in den Polarregionen und Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Als eines von 18 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft koordiniert es Deutschlands Polarforschung und stellt Schiffe wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen für die internationale Wissenschaft zur Verfügung.