PS118 - Wochenbericht Nr. 5 | 11. - 17. März 2019

Weiter nach Norden und zwei weitere Stationen

[18. März 2019] 

In der letzten Woche haben wir unsere Reise nach Norden bis in den Erebus und Terror Golf fortgesetzt und unterwegs zwei weitere Stationen abgearbeitet. Weitere Highlights der Woche waren Freundschaftsbesuche zwischen Polarstern und dem argentinischen Schiff Almirante Irizar.

Nachdem die Stationsarbeiten beendet waren, haben wir uns einen Weg aus dem Weddellmeer und dem Eis gesucht, um die uns verbleibende Expeditionszeit im Powell Becken zu verbringen. Im freien Wasser haben dann auch die Arbeitsgruppen, die bis jetzt nur sehr wenig oder gar keine Daten oder Proben haben, Gelegenheiten wissenschaftlich zu arbeiten. Samstagabend passierten wir den Antarctic-Sund und ließen damit das Weddellmeer, das Eis und die Antarktis hinter uns. Im Moment sind wir am westlichen Rand des Powell Beckens bei unserer ersten Station in freiem Wasser.

Die beiden Stationen im Weddellmeer waren im Erebus und Terror Golf in der östlichen Verlängerung des Antarctic-Sund, relativ dicht beisammen bei ungefähr 63°59’S/55°54’W für die erste Station und ungefähr 63°49’S/55°42’W für die zweite Station. Die Hauptschwierigkeit während der Stationsarbeiten war es Wasserflächen zu finden, die so groß waren, dass wir unser Equipment einsetzen konnten. Gerade für unsere geschleppten Geräte war dies schwierig. Unser Epibenthos-Schlitten sammelt biologische Proben gleichzeitig vom und 1 m über dem Meeresboden. Der große Vorteil dieses Gerätes ist, dass in den Proben selbst empfindliche und kleine Organismen gut erhalten bleiben. Für die Probennahme muss das Gerät jedoch über den Meeresboden gezogen werden können. Voraussetzung ist, dass wir für die Einsätze ungefähr eine 1 km lange freie Wasserfläche haben. Das gleiche gilt für unser anderes geschlepptes Gerät, das ‚Agassiz Trawl‘(AGT). Das AGT ist ein Metallrahmen, an dem ein grobes Netz befestigt ist. Mit diesem Gerät lassen sich größere und robustere Organismen wie z.B. Schlangensterne oder große Krebse fangen.

Mit den vorherrschenden Eisbedingungen war der Einsatz dieser Geräte schwierig. Die kombinierte Erfahrung des Schiffs und der Wissenschaft führte jedoch zu erfolgreichen Probennahmen. Zusätzlich zu den Beprobungsgeräten wurde an allen Stationen auch das ‚Ocean Floor Observation and Bathymetry System‘ (OFOBS) eingesetzt.

Bei OFOBS handelt es sich um ein geschlepptes kombiniertes Kamera- und Sonarsystem, das in Echtzeit HD-Video und 26 Megapixel Fotos zum Schiff überträgt. Im Einsatz wird OFOBS bis auf wenige Meter über den Meeresboden heruntergelassen, wo es dann für die Dauer des Tauchgangs aktiv vom Schiff oder passiv von der Eisdrift geschleppt wird. Zusätzlich zum aquirierten Bildmaterial vermisst OFOBS einen bis zu 80 m breiten Streifen mit einem bathymetrischen Sidescan Sonar. Bilder und Daten können dann von anderen Arbeitsgruppen für die Stationsplanung genutzt werden. In einem neuen Arbeitsgebiet hilft OFOBS dabei einen Überblick über die lokalen Begebenheiten zu verschaffen. Wissenschaftlich ausgewertet können die OFOBS Bilder zur Analyse von Faunenvergesellschaftungen und Habitatklassifizierungen genutzt werden.

Im Arbeitsgebiet wurde OFOBS erfolgreich an allen Stationen verwendet. Zusätzlich wurde OFOBS eingesetzt, wenn das Schiff im Eis geparkt war und keine andere Arbeiten möglich waren. Bereits eine Eisdrift von 0.1 kn reichte aus, um OFOBS im Wasser zu stabilisieren. Zusätzlich wurden an den Stationen auch Sedimentproben mit Schwerelot und Multicorer gewonnen. Bei dem Schwerelot handelt es sich um ein Stahlrohr mit einem Liner und einem 2 t Gewichtsatzt, das auf den Meeresboden herabgelassen wird. Der Multicorer beprobt die obersten 30 cm des Sediments und das darüber liegende Bodenwasser.

Während unserer Arbeiten im Erebus und Terror Golf, lag die Almirante Irizar nur 20 Meilen westlich vor Anker, um die argentinische Station Marambio mit Proviant und Treibstoff zu versorgen. Diese Gelegenheit wurde genutzt, um gegenseitige Einladungen auszusprechen. Daraufhin besuchte am 12. März eine argentinische Delegation die Polarstern und im Gegenzug am 13. März eine deutsche Delegation die Almirante Irizar. Beide Besuche wurden sehr geschätz.

Letztlich haben wir dann am Abend des 16. März auf dem Weg, den wir gekommen sind, das Weddellmeer durch den Antarctic-Sund wieder verlassen. Und zu guter Letzt gab uns die Antarktis mit einer Mischung aus Abendstimmung, Sturmwolken, Licht, Eis und Stein noch einen spektakulären Abschied. Eindrücke, die sicherlich so schnell nicht vergessen werden. Seitdem sind wir im offenen Wasser und kein Land ist in Sicht. Vor wenigen Minuten haben die Arbeiten an unserer ersten Wasserstation im Powell Becken begonnen.

Jetzt im freien Wasser hat die letzte Phase unserer Expedition mit intensivem Vermessen und Beproben begonnen. Außerdem bewegt sich Polarstern wieder, wie sich ein Schiff bewegen soll. Nach der langen ruhigen Zeit im Eis müssen wir daher nun wieder seefest werden.

In Erwartung einer geschäftigen Zeit, schicke ich im Namen aller Expeditionsteilnehmer viele Grüße aus dem Süd Ozean.

Boris Dorschel

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