PS99 - Wochenericht Nr. 1| 13. Juni - 19. Juni 2016

Es geht los – endlich!

[20. Juni 2016] 

Darauf haben wir seit Wochen und Monaten hingearbeitet – nun ist es endlich soweit! Am 13.06.2016 haben wir in den frühen Abendstunden Bremerhaven verlassen und uns auf den langen Weg in die Arktis gemacht. Wir, das sind neben den 45 Besatzungsmitgliedern insgesamt 51 Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Studenten mit dem gemeinsamen Ziel multidisziplinäre Untersuchungen in der Atmosphäre, der Wassersäule und am Meeresboden des Arktischen Ozeans durchzuführen.

Die wissenschaftliche Arbeitsgruppe besteht zum weit überwiegenden Teil aus ausländischen Kolleginnen und Kollegen die im Rahmen des Europäischen EUROFLEETS2-Programms einige Tage Schiffszeit auf der „Polarstern“ zur Verfügung gestellt bekommen haben. Darüber hinaus befinden sich eine Reihe von AWI-MitarbeiterInnen sowie Mitarbeiter der Firma FIELAX an Bord, die die fünf Tage lange Anfahrtszeit in das eigentliche Untersuchungsgebiet südlich von Spitzbergen nutzen wollen, um neu installierte schiffseigene Instrumente zu eichen sowie verschiedene Messsysteme und Probennahmegeräte für den Einsatz auf dem zweiten Teil der Expedition in die Framstraße vorzubereiten.

Das Infrastrukturprogramm EUROFLEETS2, dass 31 Partner aus 20 Ländern umfasst, hat sich zur Aufgabe gemacht, die europäische Forschungsflotte besser zu vernetzen und Wissenschaftlern den Zugang zu Forschungsschiffen aus anderen europäischen Ländern zu ermöglichen. In den letzten drei Jahren hat EUROFLEETS2 insgesamt vier Aufrufe zum Einreichen von Anträgen auf Schiffszeit für insgesamt 22 Forschungsschiffe veröffentlicht. Bewerben konnte man sich nur in einem Konsortium aus mindestens zwei europäischen Partnern und auf Forschungsschiffe, die nicht dem eigenen Land gehören.

Der Forschungseisbrecher „Polarstern“ ist das einzige deutsche Forschungsschiff, welches im Rahmen von EUROFLEETS2 angeboten wurde. Für die „Polarstern“ sind insgesamt fünf Anträge eingegangen, wobei das von Dr. Renata Lucchi vom Istituto Nazionale di Oceanografia e di Geofisica Sperimentale (OGS) aus Triest, Italien geleitete sogenannte BURSTER-Projekt („Bottom cURrents in a STagnant EnviRonment“) am besten begutachtet wurde und somit zur Förderung gelangte.

Im Rahmen des BURSTER-Projekts werden die geodynamischen und hydrographischen Verhältnisse sowie Gasaustritte am Boden des Kveithola Troughs, einem 100 km langen und ca. 13 km breitem Grabensystem im Bereich des westlichen Barents See Schelfs, untersucht. Ergänzt werden die Arbeiten durch ein weiteres am OGS angesiedeltes Projekt das von Dr. Manuel Bensi geleitet wird. Im Rahmen des DEFROST-Projekts („DEep Flow Regime Off SpiTsbergen“) sollen Verankerungsketten geborgen werden, die auf früheren EUROFLEETS2-Expeditionen mit den norwegischen Forschungsschiffen „G.O. Sars“ und „Helmer Hansen“ sowie dem italienischen Forschungsschiff „OGS-Explora“ vor Spitzbergen ausgebracht wurden. Im Fokus der DEFROST-Untersuchungen stehen die räumliche und zeitliche Variabilität von Tiefenströmen, thermohaline Eigenschaften der Wassermassen sowie sedimentäre und seismische Prozesse vor Spitzbergen.

Nach einer teilweise stürmischen Anreise (und den üblichen Nebenwirkungen bei weniger hartgesottenen Expeditionsteilnehmern) haben wir am frühen Morgen des 19.06. das erste Untersuchungsgebiet der Expedition nordwestlich der Bäreninsel erreicht. In 150 bis 370 m Wassertiefe wurden in schneller Folge Wasser- und Sedimentproben gewonnen, ein Kamerasystem wiederholt über den Meeresboden geschleppt und, während der kurzen Fahrtstrecken zwischen den Stationen, bathymetrische Vermessungen durchgeführt. Unterstützt durch das (mittlerweile) gute Wetter und eine ruhige See konnten die geplanten Stationsarbeiten nicht nur zügig, sondern auch äußerst erfolgreich durchgeführt werden, so dass die Stimmung an Bord trotz der schnellen Stationsfolge und den damit verbundenen nur kurzen Verschnaufpausen insgesamt sehr positiv ist.

Das Highlight der ersten Woche auf See war zweifellos die Sichtung einer Schule von Orcas, die uns in unmittelbarer Nähe auf ihrem Weg nach Norden passierte. Über ein mögliches Wiedersehen vor Spitzbergen würden wir uns sehr freuen….

An Bord sind alle wohlauf und guter Dinge.

Mit den besten Grüßen der Expeditionsteilnehmer,

Thomas Soltwedel 

 

(mit einem Textbeitrag von Nicole Biebow)

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