PS120 - Wochenbericht Nr. 3 | 17. - 23. Juni 2019

Arbeiten im Ozean

[24. Juni 2019] 

Heute ist Sonntag auf der POLARSTERN. Ich habe mich sehr über das wunderbare knusprige Croissant mit Aprikosenmarmelade gefreut, welches ich mit einem Milchkaffee heute Morgen zum Frühstück genießen konnte. Auch am Sonntag geht natürlich die Forschung weiter; Forschungszeit auf dem Ozean ist kostbar.

Diese Woche war mit vielen Highlights versehen. Ins Besondere die vielen guten Fragen von der Jugend bei der Klima-Konferenz in Leipzig die wir über Skype beantworten konnten und die gemeinsame Aktion für Fridays4future mit dem FS Sonne zusammen, haben uns beflügelt.

Wir befinden uns mittlerweile wieder in Gewässern (derzeit vor Portugal), wo wir bei unseren vorangegangenen Transitfahrten, z.B. von Bremerhaven bis Kapstadt, Probennahme-Koordinaten festgelegt haben. Diese arbeiten wir jetzt ab und werden genauer schauen können wie sich die Temperatur in den letzten Jahren in den verschiedenen Tiefen verändert hat. Wir wissen natürlich, dass sich das Oberflächenwasser des Ozeans um 0.8 °C im Mittel erwärmt hat, aber wie es um die Temperatur der tieferen Wasserschichten bestellt ist, wissen wir nur bedingt. Es ist ja auch nicht so einfach Wasserproben aus dem Ozean zu ziehen und schon gar nicht bei Tiefen von mehreren Kilometern. Dieses bedarf spezialausgerüstete Schiffe wie POLARSTERN. Mit Hilfe einer Rosette mit CTD (Leitfähigkeit, Temperatur und Tiefe, Abkürzung aus dem Englischen: conductivity, temperature, depth), die mit besonderen Wasserschöpfern (10 l Niskinflaschen) bestückt ist, können wir Wasser aus verschieden Tiefen „schöpfen“. Diese Wasserschöpfer bringen wir erstmal geöffnet in die Tiefe ein, um dann dort, wo wir eine Probe brauchen, ferngesteuert zu schließen. Dieses schwergewonnene Wasser wird dann an die Oberfläche gebracht und an Deck unter den Wissenschaftlern aufgeteilt. Z.B. zur Untersuchung der Mikrobiologie.

Wir haben das Glück, die Mikrobiologin Dr. Anneke Heins vom Max-Planck-Institut für Mikrobiologie in Bremen als Dozentin an Bord zu haben. Sie bringt uns und den Scholars bei, wie man die Artenvielfalt der Mikroorganismen im Ozeanwasser untersuchen und bestimmen kann. Frau Dr. Heins hat freundlicherweise nun auch für alle zu Hause etwas dazu geschrieben:

Mikrobiologie an Bord der Polarstern von Dr. Anneke Heins, MPI, Bremen.“Auf der Jagd nach bakteriellen Gemeinschaften von Süd nach Nord und von der Wasseroberfläche bis zum Meeresgrund“

Vier Wochen lang nimmt eine Gruppe Scholars, angereist aus 23 Ländern der Welt, Wasserproben des Atlantischen Ozeans. Die Beprobung begann nahe der Falklandinseln und wird in Bremerhaven enden. Während dieser Zeit erwerben die Studenten Erfahrung im Labor und im Arbeiten auf offener See. Im Mikrobiologie-Lernmodul entnehmen sie Wasserproben aus verschiedenen Tiefen (siehe oben) und filtrieren diese nacheinander durch Filter mit Porengrößen von 10 µm, 3µm und 0.2 µm, wobei dann Mikroorganismen auf den Filtern „hängenbleiben“. Danach extrahieren wir die DNS auf diesen Filtern und visualisieren die Länge der Basenpaarfragmente (Anzahl der Basenpaare ist ein wichtiges Maß für den Umfang an Information, die in einem Gen gespeichert ist) sowie die Konzentration der DNS auf einem Gel. Die Scholars lernen auch Wasserproben zu verdünnen, Wachstumsplatten zu inokulieren und Proben in Glyzerol zu lagern, um die Zellen später in Kultur zu bringen. Im Kontext des Klimawandels diskutieren wir erschienene Publikationen und wie eine höhere Temperatur Einfluss auf die bakterielle Gemeinschaft des Atlantiks haben kann. Obwohl Bakterien erhebliche Bedeutung im Kohlenstoffkreislauf und anderen Stoffkreisläufen haben, ist der Einfluss des Klimawandels auf sie kaum untersucht. Es ist wichtig, dass besonders jungen Wissenschaftler*innen dieses Thema nahegebracht wird, da sie die Chance haben, ihre neu gewonnenen Eindrücke in ihre vielfältigen Themengebiete zu integrieren und Grenzen einzelner Disziplinen zu überschreiten. Diese globale Vernetzung ist eine der Vorzüge dieser Expedition, da es die Verknüpfung der Themengebiete verdeutlicht – von dem kleinsten Bakterium am Meeresgrund, bis zu atmosphärischen Phänomenen kilometerweiten Ausmaßes.

Bald ist nun das Sonntagsmittagessen, welches auf der POLARSTERN immer besonders lecker und liebevoll zubereitet wird. Dieses hilft immer, die Stimmung aufzuhellen, wenn es für die Forschung mal wieder mitten in der Nacht eine Probennahme gab, oder, wie immer auf einer Expedition mit kostbarer Schiffszeit, die Wochentage nicht mehr gut auseinanderzuhalten sind.   Uns allen geht es mit der vielen Arbeit sehr gut. Alles hat bis jetzt wunderbar geklappt und mit Hilfe von allen an Bord kommen wir gut voran.

Mit herzlichen Sonntagsgrüßen nach Hause an alle Familien, Freunde und Kollegen/innen.

                                                          

Karen Wiltshire

Kontakt

Wissenschaft

Karen Helen Wiltshire
+49(4651)956-4112
Karen.Wiltshire@awi.de

Wissenschaftliche Koordination

Rainer Knust
+49(471)4831-1709
Rainer Knust

Assistenz

Sanne Bochert
+49(471)4831-1859
Sanne Bochert