PS112 - Wochenbericht Nr. 4 | 15. - 21. April 2018

Krill, Robben und Buckelwale im Wedell Meer

[23. April 2018] 

Die letzte Woche verbrachten wir in den Gewässern rund um die nördliche Spitze der Antarktischen Halbinsel. Wieder hatten wir sehr viel Glück mit dem Wetter und konnten zusätzlich zu unseren wissenschaftlichen Arbeiten sonnige Tage im Eis um Joinville Island und der Halbinsel genießen.

Nach vier Arbeitsreichen Wochen feierten wir am Sonntagabend ein etwas verspätetes "Bergfest" mit einem großartigen Barbecue an Deck. Unser Koch hatte eine tolle Auswahl an verschiedenen Fleischsorten (inkl. Antilopen-Steaks!), Tofu, Gemüse und Salaten vorbereitet und alle hatten viel Spaß.

Der nächste Morgen startete wieder mit unserem wissenschaftlichen Programm. Im Mittelpunkt stand die Durchführung von zwei Boden-Schleppnetzzügen, die von der AG Integrative Ökophysiologie (AWI) durchgeführt wurden, um bestimmte Fischarten für physiologische Analysen zu bekommen (diese Arbeit wurde im 2. Wochenbericht von Magnus Lucassen ausführlich beschrieben). Ein wunderschöner, in der Sonne strahlender Ausblick auf die Küste der Halbinsel versüßte unseren Arbeitstag. In der Ferne sahen wir auf vereinzelten Eisschollen einige Pelzrobben, Adelie-Pinguine (Foto 1) und sogar einen Seeleoparden.

Die Planktologie-Gruppe des ICBM, Universität Oldenburg, bestehend aus Dominik Bahlburg, Philipp Wenta, Christoph Plum und Stefanie Moorthi, untersucht auf dieser Expedition den Einfluss zweier Schlüssel-Arten, Antarktischer Krill (Euphausia superba) and Salpen (Salpa thompsoni) (Foto 2), auf das untere Nahrungsnetz in der Planktongemeinschaft.

Aufgrund der gravierenden Unterschiede der beiden Zooplankter bezüglich ihrer Fraß- und Wachstumseigenschaften, ihrer Reproduktionszyklen und Zusammensetzung in Bezug auf Kohlenstoff-, Fett- und Proteingehalt erwarten wir, dass sich diese auch in ihren Effekten auf die Planktongemeinschaft unterscheiden. Auf dieser Ausfahrt kombinieren wir Freilandbeobachtungen mit experimentellen Manipulationen an Bord, um eine Bandbreite verschiedener Faktoren zu untersuchen, welche die Planktondynamik und den Export bei hohen Anzahlen von Krill und/oder Salpen kontrollieren. Wir nehmen Wasserproben in 4 Tiefen an unterschiedlichen Stationen in Küstennähe und im offenen Ozean, um Planktonbiomasse und Gemeinschaftsstruktur zu bestimmen (Bakterien, Phyto- und Zooplankton unterschiedlicher Größenklassen), wie auch die Biochemie des Wassers (gelöste Nährstoffe und organischer Kohlenstoff). Zusätzlich nehmen wir Proben mit dem Bongo-Netz (Foto 3), um die Mesozooplanktongemeinschaft zu charakterisieren (Zooplankton 0.2 - 2mm). Diese Daten werden mit den Abundanzen von Krill und Salpen in der Wassersäule in Zusammenhang gebracht, die durch quantitative Netzzüge bestimmt werden, sowie mit den entsprechenden hydrographischen Bedingungen. Darüber hinaus führen wir an Bord Experimente mit Krill und Salpen durch. Während Krill recht robust in experimentellen Manipulationen ist, sind Salpen sehr empfindlich und fragil. Bisher wurden nur sehr wenige Experimente mit Salpa thompsoni im Südpolarmeer durchgeführt und wir sind sehr froh, dass wir in der Lage waren, zahlreiche lebende Salpen in gutem physiologischen Zustand, für unsere Experimente, bei Deception und Elephant Island zu sammeln. Bisher haben wir zwei große Experimente mit ihnen durchgeführt. In beiden Experimenten haben wir Krill und Salpen allein und in Kombination (Salpen und Krill) mit einer natürlichen Planktongemeinschaft, in zylindrischen Aquarien, die wir mitgebracht haben (70 Liter, Foto 2), inkubiert. In der ersten Versuchsperiode untersuchten wir direkte Fraßeffekte auf Planktonbiomasse und Gemeinschaftsstruktur, wie auch auf Nährstoff-Recycling und Kohelnstoff-Export. Der gemeinsame Ansatz mit Krill und Salpen zusammen ermöglicht es uns, interaktive Effekte der beiden Arten, die gemeinsam in den Habitaten vor Deception und vor Elephant Island vorkamen, zu untersuchen.  Nach 4-5 Tagen haben wir das von den Salpen und dem Krill konditionierte Wasser filtriert, um alle Organismen zu entfernen und eine neue Phytoplankton-Gemeinschaft zu inkubieren. Wir nehmen an, dass Salpen und Krill unterschiedliche Mengen und Verhältnisse von Nährstoffen regenerieren, was wiederum zu unterschiedlichen indirekten Effekten auf Phytoplankton-Biomasse und Gemeinschaftsstruktur führen kann. Im Vergleich zu großskaligen Beobachtungen im Feld ermöglichen unsere Experimente, die direkten und indirekten Konsequenzen eines möglichen Shifts von Krill zu Salpen auf Plankton-Gemeinschaftsstruktur und Prozessraten im Nahrungsnetz zu unterscheiden und abzuschätzen.

Wie erwartet, haben wir hier im Süden Salpa thompsoni nicht gefunden, dafür aber sehr viel Krill. Die Krill-Gruppe (AWI), geleitet von Bettina Meyer, hat in dieser Gegend den Zusammenhang zwischen der Boden-Topographie und der Hydrographie auf die Krillabundanz und –verteilung untersucht. Besonders hohe Krill-Aggregationen wurden auf den, zahlreich in diesem Gebiet vorkommenden, Meereshügeln gefunden. Darüber hinaus wurden Krill-Wachstumsexperimente durchgeführt, die ein guter Indikator für die Futterverfügbarkeit und die Fitness des Krills darstellen.

Mit Hilfe ihres Kamerasystems führte die Gruppe unter der Leitung von Morten Iversen, AWI/Marum, Bremen, die sich mit der biologischen Kohlenstoffpumpe beschäftigt, über einen Zeitraum von 24 Stunden eine Untersuchung durch, bei der alle 6 Stunden Aufnahmen unter Wasser gemacht wurden, um die Vertikalwanderung von Krill und Salpen, im Tag-Nacht-Rhythmus, sowie deren Kotproduktion zu dokumentieren. Außerdem führte die Gruppe ein weiteres Experiment durch, um die Kotproduktion von Krill pro Zeit, sowie den Kohlenstoffanteil der Kot-Pellets messen zu können. Eine ausführliche Beschreibung der Arbeiten ist dem vorangegangenen Wochenbericht (Nr. 3) zu entnehmen.

Mittwochmorgen hatten wir sehr gute Wetterbedingungen und viele Buckelwale kamen sehr nah ans Schiff, auch ein Mutter-Kalb-Paar. Unsere Wal-Forschungsgruppe (Leitung: Helena Herr, Universität Hamburg) überflog und untersuchte den Antarctic Sound an diesem Morgen mit dem Helikopter und erfasste sehr viele Buckelwale auf ihrem Flug. Am Nachmittag hatten wir die südlichste Region unseres Forschungstransekts über den, leider sehr nebligen, „Antarctic Sound“ verlassen, um auf unseren letzten, Ost-Transekt, Richtung Norden, an die Südseite von Elephant Island zu gelangen. Gegenüber der Nordseite der Insel, die wir auf unserem Weg Richtung Süden untersuchten, sind wir sehr gespannt, welche Bedingungen wir hinsichtlich Krill- und Salpenbiomasse und -verteilung, sowie der Finnwal-Abundanzen, im südlichen Bereich von Elephant Island vorfinden werden. Wir freuen uns darauf, letzte Lücken in unseren Experimenten und Prozessstudien zu schließen und können noch gar nicht glauben, dass wir danach anfangen müssen zu packen, um unseren Weg nach Hause zu beginnen.

Es grüßt Sie von der Polarstern im Namen der Fahrtleiterin, Bettina Meyer und aller Teilnehmer,

 

Stefanie Moorthi

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