PS113 - Wochenbericht Nr. 5 | 4. – 10. Juni 2018

Endspurt

[11. Juni 2018] 

Nach Ablaufen von Las Palmas, Gran Canaria, haben wir am 05.06. unsere Fahrtgeschwindigkeit noch einmal für 5 Stunden etwas verlangsamt, um Triaxus/topAWI für einen weiteren Test zu schleppen. Anschließend folgte eine abschließende Vergleichsstation mit CTD-Sonde und optischen Messinstrumenten. Danach sollte es ohne weitere Unterbrechungen zügig nach Bremerhaven gehen.

Am 6.6. 13:20 h jedoch wurde Polarstern vom Seenotrettungs-Koordinationszentrum in Lissabon über den Notruf einer englischen Yacht informiert und reagierte umgehend mit einer Kursänderung Richtung des vermeintlichen Havaristen – 32 Seemeilen weiter südlich, also entgegen unseres Heimatkurses nach Norden. Ab 18:30 h führte Polarstern dann in dem zugewiesenen Suchgebiet eine systematische Suche durch. Um 19:15 wurde die Suchaktion vom Koordinationszentrum ohne Angabe von Gründen für beendet erklärt. Polarstern ging wieder auf Heimatkurs, die ersten 32 Seemeilen nun zum dritten Mal. Notrufen nachzugehen ist auf See eine Selbstverständlichkeit.

Um die dafür aufgewandte Zeit wieder wettzumachen und rechtzeitig in Bremerhaven anzukommen, legte Polarstern nun einen Endspurt ein. Beim Endspurt waren auch die wissenschaftlichen Fahrtteilnehmer beschäftigt mit Packen und Verstauen der Messgeräte, Freiräumen und Reinigen der Labore sowie dem Schreiben von Berichten. Einige Gruppen setzten ihre Messungen vom fahrenden Schiff aber auch noch bis kurz vor Einlaufen in Bremerhaven fort.

Während nahezu der gesamten Fahrt wurden mit dem Rechnersystem „Rutter s6 WaMoS“ kontinuierlich Radarbilder der Wasseroberfläche ausgewertet, um daraus Seegang und Oberflächenströmung zu berechnen. Die Methode setzt Wind und Seegang voraus; in Zeiten mit sehr wenig Wind oder starkem Niederschlag funktioniert sie nicht. Die Arbeiten mit WaMoS bestanden vor allem darin, den Einfluss der Umwelteinflüsse auf die Qualität der Messungen zu untersuchen. Unter anderem wurden dabei die Strömungen verglichen mit jenen, die der im Schiffskiel installierte akustische Doppler-Stromprofiler (ADCP) zwischen 20 bis annähernd 300 m Wassertiefe gemessen hat. Über den größten Teil der Fahrtroute zeigten beide Systeme sehr ähnliche Muster in der Verteilung von Strömungsrichtung und -stärke. Zu beachten ist bei diesem Vergleich, dass WaMoS die Strömung in der obersten Wasserschicht bis zu 5 m Tiefe erfasst. Daraus erklärt sich auch, dass der Äquatoriale Unterstrom, der zwischen etwa 50 und 200 m Tiefe mit 1 m/s nach Osten setzt, vom ADCP gemessen wurde aber nicht von WaMoS. In der spanischen EEZ um die Kanaren lieferte nur WaMoS uns Strömungsmessungen, weil wir den ADCP ausgeschaltet hatten, um mögliche akustische Störungen der dort vorkommenden Schnabelwale auszuschließen.

Fast die gesamte Reise und bis heute Morgen noch wurden regelmäßig alle drei Stunden Proben von Meerwasser genommen, das aus 11 Meter Tiefe ins Schiff gepumpt wird. Aus diesen Proben wurden unter anderem und Partikel und Zellen für genetische Untersuchungen herausgefiltert. Selbst wenn mit dem bloßen Auge keine Lebewesen zu erkennen sind, befinden sich in einem Liter Meerwasser durchschnittlich eine Milliarde einzellige Organismen. Sie machen damit den Großteil an Biomasse im Ozean aus. Diese marinen Mikroben sind nicht nur für den Großteil der Primärproduktion im Meer verantwortlich, sondern sie beeinflussen auch die chemische Zusammensetzung in unserer Atmosphäre, unser Klima, recyceln Nährstoffe und bauen Schadstoffe ab. Da verschiedene Arten von Mikroben unterschiedliche Wirkungen haben, ist es wichtig die Artenzusammensetzung und -vielfalt dieser Kleinstorganismen zu kennen. Anhand des genetischen Fingerabdrucks mariner Mikroben können deren Vorkommen und Zusammensetzung entschlüsselt werden. Ob und wie sich dies mit den verschiedenen ozeanographischen Regionen, die wir auf unsere Reise durchquert haben, ändert, werden anschließende Laboruntersuchungen an Land zeigen.

Dies ist mein letzter Wochenbericht – für diese Reise und wohl für immer, da der Ruhestand nun doch allmählich näher rückt.

Mit besten Grüßen von Bord Polarstern an alle Verwandten, Freunde und Kollegen daheim und mit viel Vorfreude auf ein baldiges Wiedersehen,  

 

Volker Strass mit Harry Leach, Katrin Hessner und Cora Hörstmann

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