PS114 - Wochenbericht Nr. 2 | 16. - 22. Juli 2018

Chemie an Bord

[23. Juli 2018] 

Jetzt haben wir bereits 7 intensive aber erfolgreiche Tage in unserem Arbeitsgebiet verbracht. Wir haben einige unserer Verankerungen ausbringen und aufnehmen können. Außerdem haben wir im Rahmen der FRAM Infrastruktur Initiative viele Wasser- und Sedimentproben genommen und Videoaufnahmen gemacht. Die vielen Verankerungen und Proben bedeuteten viel Arbeit für einen Teil der Wissenschaftler an Bord, wir sind aber auch glücklich über den Erfolg der Messungen. Nächste Woche werden wir mehr darüber berichten. Diese Woche werden wir zunächst von den beiden Arbeitsgruppen, welche sich mit der Chemie an Bord beschäftigen, berichten.

Während unseres Transits nach Norden haben Zhiyong und Hanna vom Institut für Küstenforschung, Helmholtz Zentrum Geesthacht, Meerwasser und Luftproben genommen. Sie werden die Verteilung und den Transport von neuartigen organischen Schadstoffen, darunter langlebige organische Schadstoffe, im Ozean und dem arktischen Ökosystem, untersuchen. Organische Schadstoffe sind giftige Substanzen, welche die menschliche Gesundheit und Ökosysteme auf der ganzen Erde negativ beeinflussen. Sind diese Stoffe erst einmal im arktischen Ökosystem werden sie Teil des biogeochemischen Kreislaufs. Dieser Kreislauf beinhaltet verschiedene Prozesse zum Beispiel Sedimentation auf den Meeresboden, Anreicherung im Gewebe von Fischen, Vögeln und Meeressäugern und den Austausch zwischen Atmosphäre und Ozean, Schnee und Eis.

Während unserer Reise werden verschiedene Gruppen dieser neuartigen organischen Schadstoffe, darunter halogenierte Brandschutzmittel, fluorierte Chemikalien, Pestizide und Chemikalien aus der Kunststoff Herstellung untersucht. Abgesehen vom Transport in Ozeanströmungen wird die Atmosphäre als der größte und schnellste Transportweg für organische Schadstoffe in das marine und arktische Ökosystem angesehen. Zwei Geräte, die große Volumina Luft beproben können, sind auf dem Peildeck der Polarstern aufgebaut und beproben kontinuierlich die Seeluft, solange wir Gegenwind haben. Wenn wir Rückenwind haben müssen die Geräte manchmal abgestellt werden, um zu verhindern, dass die Abgase aus dem Schornstein der Polarstern die Proben verunreinigen. Partikel aus der Luft werden auf Quarz Filtern gesammelt und die Gasphase mithilfe einer Polymer-Harz Säule abgeschieden. Entlang der Route von Bremerhaven zum AWI Hausgarten wechselte der Wind häufig zwischen Nord, Nordost, Süd und Südwest. Deshalb haben wir die Probensäulen je nach Windrichtung ausgetauscht um sicher zu stellen, dass wir die Luftmassen aus verschiedenen Regionen auflösen können. Die Signale von neuen langlebigen organischen Schadstoffen werden bei Luftmassen erwartet, welche Nord- und Westeuropa passiert haben, während wir bei Luftmassen aus der Arktis eher klassische langlebige organische Schadstoffe erwarten, die aus arktischem Eis freigesetzt werden. Gleichzeitig zu diesen Messungen, nimmt ein weiteres Messgerät im Nasslabor Proben aus großen Volumina Meerwasser. Dazu wird Oberflächenwasser aus 12 m Tiefe über das Wassersystem von Polarstern angesaugt und kontinuierlich beprobt während Polarstern Kurs auf die Arktis nimmt. Daneben werden Ein-Liter Meerwasser Proben genommen um sie auf wasserlösliche Stoffe zu untersuchen (Bild 1).

Zusätzlich werden Proben als Teil des CTD Wasser Budgets genommen, um diese auf organische Schadstoffe und Stickstoff-Isotope zu untersuchen. Diese Proben stammen aus 5 bis 8 verschiedenen Tiefen zwischen dem Meeresboden und der Meeresoberfläche. Daraus kann man zunächst ein vertikales Profil erstellen, um dann damit Hinweise auf den Eintrag organischer Schadstoffe aus schmelzendem Schnee und Eis zu sammeln. Die vertikalen Profile können auch Hinweise darauf geben, wie sich organische Schadstoffe in verschiedenen Wassermassen mischen. Sobald wir nach Westen fahren um Verankerungen vor der Küste Grönlands aufzunehmen und auszubringen, haben wir hoffentlich strahlend schönes Wetter. Wir freuen uns darauf, dann mit dem Helikopter auf das Eis fliegen zu können, um dort Schneeproben zu sammeln, die dann auf organische Schadstoffe untersucht werden können.

Ein multidisziplinäres Team bestehend aus Ian, Glen und Jackie vom Plymouth Marine Laboratory (UK) und Damian, Hanna und Moritz vom GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel sind bei PS114 mit dabei, um die vielen Unbekannten im Zusammenhang mit dem Atmosphären-Ozean Austausch von Spurengasen im Arktischen Ozean zu untersuchen. Zusätzlich werden Trends unter zukünftigen Klimawandel Szenarien untersucht. Die Feldforschung wird im Rahmen des PETRA (Pfande und Emissionen klimarelevanter Spurengase in einer sich wandelnden Arktis) Projekts durchgeführt und beinhaltet eine umfangreiche Studie der hoch potenten Klimagase Lachgas (N2O) und Methan (CH4), sowie der indirekten Klimagase Kohlenmonoxid (CO) und Dimethylsulfid (DMS). Um diese Aufgabe zu erfüllen verbindet das PETRA Team hochauflösende Messungen entlang der Fahrtroute mit Inkubations-Experimenten an ausgewählten Stationen. Die Konzentration der gelösten Gase im Oberflächenwasser (ca. 12 m Tiefe) wird mit Hilfe eines hoch modernen Laser-basierten Gas Analyse Systems (Bild 2) gemessen.

Der Vergleich dieser Daten mit den aktuellen Mischungsverhältnissen der Gase in der Atmosphäre macht es möglich, die Richtung des Austauschs zwischen Atmosphäre und Ozean zu ermitteln (aus dem Ozean heraus oder in den Ozean hinein). Die Laborexperimente wiederum versuchen zukünftige Klimaentwicklungen in der Arktis und ihre Verbindung zum Kreislauf der Spurengase zu simulieren. Aktuelle Projektionen zum Klimawandel sagen eine Erwärmung des Ozeans, Ozeanversauerung sowie einen höheren Lichteintrag durch die geringere Meereisbedeckung vorher. Um den Effekt der Stress-Faktoren, alleine und im Zusammenspiel, auf die Gemeinschaften von Mikroorganismen, die für die Produktion und den Verbrauch von N2O, CH4, CO und DMS zuständig sind, zu untersuchen, hat das PETRA Team eine Reihe von Inkubations-Kammern aufgebaut (Bild 3). In diesen werden die aktuellen Bedingungen simuliert, sowie Bedingungen, welche für einen zukünftigen Klimawandel vorhergesagt werden. Ein Vergleich dieser verschiedenen Bedingungen wird wichtige Rückschlüsse auf die möglichen Entwicklungen in der Produktion und dem Verbrauch dieser Spurengase im Arktischen Ozean der Zukunft ermöglichen. Dazu schöpft das Team mit der CTD Rosette große Mengen Wasser an ausgewählten Stationen in mehrere Behälter und beobachtet die Änderungen in den physikalischen und biogeochemischen Umwelteinflüssen auf diese natürlichen Lebensgemeinschaften. Trotz verschiedener technischer Probleme zu Beginn der Reise, funktionieren inzwischen die meisten Messsysteme gut und sammeln große Mengen Daten. Eine ähnlich große Menge gefrorener Proben wird nach Ende der Reise an die Labore beider Institute geschickt, um dort weiter analysiert zu werden.

Jetzt freuen wir uns darauf, was die zweite Hälfte unserer Reise bringen wird, vor allem ob wir in den Westen, nach Grönland, werden fahren können oder ob dort zu viel Eis ist. Wir werden nächste Woche darüber berichten.

Viele Grüße,

Zhiyong Xie, Damian Arevalo-Martinez, Maren Richter und Wilken-Jon von Appen im Namen der wissenschaftlichen Fahrtteilnehmer von PS114

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Wissenschaft

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