PS109 - Wochenbericht Nr. 3 | 2. - 8. Oktober 2017

Am äußeren Schelf

[10. Oktober 2017] 

Zum Wochenbeginn hieß es Abschied nehmen von der grönländischen Küste. Wir ließen die Eisberge und das Meereis hinter uns und gelangten in südöstlicher Richtung entlang der Achse des Norske Trogs in den Bereich des mittleren Schelfs, in dem sowohl eine Schwelle im Trog vorhanden als auch der nördliche Hang hin zur flachen Belgica Bank besonders steil ausgeprägt ist. An dieser Stelle erwarteten wir, dass der Zustrom von Atlantikwasser gen Küste besonders fokussiert als Randstrom auftreten würde.

Hier kam das autonome Tauchboot PAUL erneut zum Einsatz, um den Randstrom gezielt zu vermessen. Begleitende schiffsbasierte Messungen (CTD, Mikrostruktur und LADCP sowie benthische Sedimentproben) bestätigten die Gegenwart des Randstroms. Hiernach begaben wir uns auf einen nördlich des Norske Trog ostwärts verlaufenden Kurs zum äußeren Schelf hin, um bei 10°O nach Süden in den Bereich des Trogs zurückzukehren. Entlang der Route kamen hydrographische Messungen zum Einsatz, ergänzt durch biologische Probennahmen mit dem Bongonetz. Wir konnten zeigen, dass auch in dieser relativ flachen Region des Schelfs warmes Atlantikwasser in Bodennähe vorhanden ist. Insgesamt legten wir 3 Verankerungen auf dem Weg aus, die 2018 wieder geborgen werden sollen. Nachfolgende Analysen sollen dann zeigen, ob von dieser Region aus Atlantikwasser in den Trog eingespeist wird, um so zur Küste Grönlands zu gelangen.

Am Mittwoch setzten wir unsere Fahrt entlang der Trogachse in Richtung Schelfkante fort. Hier bargen wir eine im letzten Jahr ausgelegte ozeanographische Verankerung, nahmen Sedimentproben für biogeochemische Arbeiten und legten an denselben Positionen einen Lander aus.  In der Folge absolvierten wir entlang des Schnitts über die Schelfkante  auf den Kontinentalabhang hinaus ein Programm aus hydrographischen Messungen, Schwereloteinsätzen, biologischen Netzfängen sowie Sediment­proben­nahmen.

Hier machten uns am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag stürmische Winde zu schaffen. Eine geplante Landerauslegung wurde abgesagt, und stundenlang war gar kein Geräteeinsatz möglich. Am Freitagmorgen legten wir bei deutlich ruhigeren Bedingungen eine ozeanographische Verankerung zur Erfassung des Atlantikwassers im Ostgrönlandstrom aus, um den Bezug zwischen der Zirkulation im Norske Trog und dem großräumigen Strömungssystem in der Framstraße herzustellen. Wir konnten hiernach den zwei Tage zuvor ausgelegten Lander bergen und in der folgenden Nacht das  entsprechend gekürzte, am Vortag begonnene Messprogramm auf dem Kontinentalabhang beenden.

Im Verlauf des Samstags verließen wir den Kontinentalabhang nach Südosten in Richtung Grönlandsee. Hier standen zwecks Gerätekalibrierung zwei Tiefsee-CTD-Stationen an, die regional an eine vom AWI vor etlichen Jahren begonnene Zeitserienstation anschlossen. Unsere CTD-Messungen legen nahe, dass die langzeitliche Erhöhung der Bodenwassertemperaturen in der Grönlandsee sich weiter fortgesetzt hat, vermutlich bedingt durch das Ausbleiben tiefreichender, winterlicher Konvektion in dieser Region. Hiernach traten wir in der Nacht zum Sonntag den langen Transit nach Bremerhaven an, wo wir am Abend des 13. Oktober eintreffen werden.

Vor dem Hintergrund des globalen Meeresspiegelanstiegs und des Rückzugs des grönländischen Eisschildes diente die Expedition PS109 der Erforschung der Wechselwirkung zwischen dem Ozean und den Gletschern Nordostgrönlands sowie der Auswirkung dieser Wechselwirkung auf das regionale Ökosystem. Insbesondere während der Arbeiten vor der Küste Grönlands in der zweiten und dritten Woche konnten wir mit Sicht auf den 79°N Gletscher inmitten von dichtem Meereis bei winterlichen Bedingen und umgeben von Eisbergen einen starken visuellen Bezug zwischen unserem Messprogramm und der rauen Natur Nordostgrönlands herstellen. Wir kehren mit vielen wertvollen Datensätzen und Proben, Erinnerungen an atemberaubende Ausblicke und voller Dank an den Kapitän und die Besatzung von Polarstern die Rückreise an.

Herzliche Grüße im Namen der gesamten wissenschaftlichen Besatzung an Bord,

 

Torsten Kanzow

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