1. Was ist ELISE?
ELISE ist ein Akronym und steht für „Evolutionary Light Structure Engineering“. Dahinter verbirgt sich der Ansatz, die Bauprinzipien der extrem leichten, aber mechanisch stabilen Schalen der Radiolarien und Kieselalgen (Diatomeen) systematisch auf technische Bauteile zu übertragen (link: "Kieselalgen als Muster für technische Konstruktionen“). Nach ersten Entwicklungsprojekten mit der Industrie um 2005 wurde der Entwicklungsprozess erst standardisiert und schließlich in eine Software überführt. Damit veränderte sich ELISE von einem Entwicklungsansatz für Spezialisten aus Biologie, Bionik und Ingenieurwissenschaften zu einer leistungsstarken, universell einsetzbaren Entwicklungssoftware für alle Branchen - vom Schiffbau bis zur Luft- und Raumfahrttechnik.
2. Neue Entwicklungen rund um ELISE: Software und Ausgründung
Die neueste Entwicklung ist eine Software für generatives Engineering, die die Effizienz von Entwicklungsprozessen für neue Produkte erheblich steigert. Damit können, wie auch bei den natürlichen Vorbildern, komplexe Geometrien erzeugt, variiert und optimiert werden. Darüber hinaus werden durch den integrativen Ansatz der Software Entwicklungsprozesse wesentlich flexibler, schneller und wertvoller für die Unternehmen. Aufgrund der sehr hohen Nachfrage durch unsere Kooperationspartner aus der Industrie wurde 2018 ein Startup, die ELISE GmbH, aus dem AWI gegründet. Die ELISE GmbH konnte 1,2 Millionen Euro aus dem EXIST-Programm des Wirtschaftsministeriums gewinnen. Seit Herbst 2019 beteiligen sich renommierte High-Tech-Investoren mit zusätzlich 3 Millionen € an der Firma. Damit kann die Software zu einem ausgereiften Entwicklungstool weiterentwickelt werden.
3. Zukünftige Innovationen
Wir erforschen am Alfred-Wegener-Institut aktuell und in Zukunft vor allem neue, effizientere Lösungen für den multifunktionalen Leichtbau auf Basis natürlicher Konstruktionsprinzipien (wir betreiben also Bionik – siehe „Anwendungsforschung“). Durch die enge Kooperation mit der ELISE GmbH und weiteren Industriepartnern stellen wir sicher, dass der Transfer unserer Ergebnisse in Wirtschaft und Gesellschaft schnell und effektiv durchgeführt wird. Die zukünftigen Arbeiten sind im neuesten Forschungsprogramm der Helmholtzgemeinschaft im Teilbereich Topic 7 - „Bioökonomie“ fest verankert.
ELISE war schon früh (ca. 2005) als systematischer Ansatz konzipiert, der Designvorschläge aus natürlichen Leichtbauprinzipien in Kombination mit Optimierungsverfahren nutzte, um ungewöhnliche, sehr leistungsfähige Leichtbaulösungen zu erreichen. Seit 2010 ist ELISE als ausgereifter Entwicklungsprozess verfügbar (siehe Video), der zu sehr guten und innovativen Ergebnissen führt, aber hoch spezialisierte Expertise erfordert und damit aufwändig, zeit- und kostenintensiv ist. Wir nutzten ihn für Pilot- und Forschungsprojekte, die längerfristig angelegt waren und Grenzen des Machbaren ausloten sollten. Er ist nicht dafür geeignet, von Industriepartnern in ihre eigenen Entwicklungsprozesse integriert zu werden. Für hoch effiziente Entwicklungsarbeiten ist inzwischen die neue ELISE-Software (s.o.) ein ideales, flexibles Tool, das nicht nur für die Produktentwicklung, sondern auch verstärkt in der Forschung für Innovationen im multifunktionalen Leichtbau eingesetzt wird.
Erklärvideo zum ELISE-Verfahren (Stand 2010):
Der generelle Ansatz ist immer noch gültig und wurde u.a. in einer VDI-Richtlinie standardisiert. Viele der Entwicklungsschritte wurden jedoch inzwischen in der ELISE-Software automatisiert. Darüber hinaus wurde dort das Leistungsspektrum erheblich erweitert (ursprünglich Fokus auf Gewichtsminimierung und Statik, jetzt mit Berücksichtigung von Kosten, Fertigungsrestriktionen und weiteren Aspekten).